Business meets Industry: Zum diesjährigen Stadtwerkekongress am 26. und 27. September lud der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) nach Köln in DIE HALLE Tor 2 ein. Die ehemalige Industriehalle bot eine außergewöhnliche Kulisse für Vernetzung und Austausch. Beim zweitägigen Event diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus der kommunalen Ver- und Entsorgungswirtschaft über die Energiewende, deren Finanzierung und die Digitalisierung der Daseinsvorsorge. Kommunale Unternehmen aus ganz Deutschland präsentierten ihre innovativen Projekte und teilten ihre Erfahrungen mit den großen und kleinen Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität. Hierzu machte Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der gastgebenden Stadt Köln, gleich zu Beginn der Veranstaltung einen Punkt: „Klimaneutralität ist nur mit Unterstützung der Stadtwerke möglich.“
Stadtwerke sind „letzter Vertrauensanker“
„Wir halten das Land am Laufen“, sagte VKU-Präsident Dr. Ulf Kämpfer in der anschließenden Standortbestimmung Daseinsvorsorge vor dem Plenum. Angesichts politisch unruhiger Zeiten und einem Vertrauensverlust in Politik, kritische Infrastrukturen und Demokratie seien Stadtwerke einer der „letzten Vertrauensanker“. Sie sorgten für „das Grundlegenste des Grundlegenden“. VKU-Geschäftsführer Ingbert Liebing betonte hierzu, dass es eine der vordringlichsten Aufgaben staatlicher Strukturen sei – und Stadtwerke würden durchaus als solche wahrgenommen – den Menschen Sicherheit zu geben. Damit bezog er sich vor allem auf die Wende hin zu einer klimafreundlichen Energieversorgung, die aktiv von Stadtwerken getragen wird.
Gleichwohl teilte Liebing seine größte Sorge mit den Anwesenden: Dass nämlich am Ende die Menschen fehlen würden, die es zur konkreten Umsetzung der Energiewende brauche. Stichwort: Arbeitskräftemangel. Auch die Digitalisierung spiele eine wichtige Rolle, um die mit der Energiewende verbundenen Aufgaben und Prozesse effizient zu gestalten. Dabei werfe dieser Themenbereich wieder unzählige Fragen auf: Was braucht Digitalisierung? Wie gehen wir mit Daten um? Welche Infrastrukturen sind notwendig? Schlussendlich gehe es dann auch immer um die politischen Rahmenbedingungen und die Frage nach der finanziellen Unterstützung, so Liebing. Gerade die letzten beiden Punkte zogen sich wie ein roter Faden durch die beiden Kongresstage.
Dekarbonisierung durch Wasserstoff
Großes Potenzial, um die Energieversorgung zu dekarbonisieren, sahen die folgenden Referentinnen und Referenten in der Nutzung von Wasserstoff. Technologien zur Erzeugung gebe es; die Verteilung müsse über bestehende Netze wie der Gasinfrastruktur erfolgen. Das alles sei natürlich mit hohen Kosten verbunden, bekannte Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der RheinEnergie GmbH. EU-Parlamentarier Jens Geier verwies in der Finanzierungsfrage auf die Industrie: Von hier müsse die Hauptnachfrage kommen. Gleichzeitig nahm er die Hoffnung auf größere Finanzspritzen vonseiten der EU. „Wenn es Planungssicherheit gibt, dann werden die Investitionen kommen“, war sich Henry Otto, Leiter der Energy Consulting bei PwC Deutschland, indes sicher. Was die zukünftig geforderte Wärmeplanung angeht, sagte Otto: „Das wird ein bürokratisches Monster. Da müssen wir alle zusammenarbeiten.“
Mit Workshops und Break-Out Sessions ging es dann für die Teilnehmenden in den Mittag. Aus einem Potpourri an Themen konnten sie ihre unternehmenseigenen Schwerpunkte setzen. In einem Blitzlicht wurden innovative Quartierslösungen vorgestellt und Impulse für Nachhaltigkeit gegeben. Am Nachmittag ging es dann u. a. um den Arbeitskräftemangel. Business Coach Balian Buschbaum nannte hier als Schlüssel für mehr Arbeitgeberattraktivität: Bewusstsein und Diversität. Highlight zum Schluss war der Impuls von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der digital und live ins Plenum zugeschaltet war. Er betonte, wie entscheidend eine stärkere Kooperation auf kommunaler Ebene bei der Umsetzung der Klimawende sei und brachte seine Wertschätzung für den VKU und dessen Mitglieder zum Ausdruck: „Der VKU hat ein gewaltiges Gewicht in Berlin.“
Impulse für Transformation in Kommunen
Tag zwei startete mit der Verleihung des Stadtwerke Awards 2023. In gewohnt professioneller Art stellte Kongress-Moderatorin Astrid Frohloff die nominierten Unternehmen vor. Aus 36 Einreichungen hatten es sechs in die engere Auswahl geschafft. Gewinnerin der diesjährigen Ausschreibung war die Stadtwerke Lübeck GmbH. Sie wurde für ihr Projekt „Urban Data Plattform“ ausgezeichnet, welches Vorbildfunktion für die Umsetzung der digitalen Daseinsvorsorge habe. Den zweiten Platz teilten sich gleich zwei Unternehmen. Die Badenova Energie GmbH wurde für ihre digitale Energieleitplanung prämiert, mit der ein digitaler Zwilling erstellt und zukünftiger Energiebedarf modelliert werden kann. Ebenfalls ausgezeichnet wurden die Wuppertaler Stadtwerke für ihr Projekt „Tal.Markt Flex“, mit dem die Dynamik von Lastverschiebungen und Preisen auf dem Energiemarkt sichtbar gemacht werden kann.
In der anschließenden politischen Standortbestimmung machte Ingbert Liebing dann nochmals den Brückenschlag zur Ansprache des Bundeswirtschaftsministers. Hier kritisierte er vor allem den Wunsch Habecks, kommunale Unternehmen sollten sich zu größeren Einheiten zusammentun, um effektiver zu sein. „Wo ist der statistische Beleg, dass kleine Einheiten schlechter sind als große?“, so Liebing vorm Plenum. „Wir wollen, aber wir sind angewiesen auf gute Angebote. Wir brauchen sowohl die großen als auch die kleinen.“ Auch wenn in diesen zwei Tagen die drängendsten Fragen zur Finanzierung nicht beantwortet wurden, so hat der Kongress doch viele Impulse zur Lösung vieler anderer gesetzt, die nun in die Kommunen hineingetragen werden.