Beim VKU-Stadtwerkekongress 2022 ging es um die großen Themen unserer Zeit: Energiepolitik, Klimaschutz, Digitalisierung. Mehr als 550 Entscheiderinnen und Entscheider aus kommunalen Unternehmen trafen sich am 20. und 21. September zum diesjährigen Branchenhighlight in Leipzig. Und so war es auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, der gleich zu Anfang in einer Grußbotschaft per Video an die Teilnehmenden appellierte: „Entwickeln Sie zusammen Lösungen.“
Versorgungskrise: Stadtwerke fordern Schutzschirm
Auf den Punkt gebracht und bisweilen auch kontrovers wurden dann im Laufe der zwei Kongresstage über die klima- und energiewirtschaftspolitische Agenda diskutiert, Impulse für zukünftige Aktivitäten gesetzt und Netzwerke geknüpft. Thema Nummer eins war dabei die Versorgungskrise, die kommunale Unternehmen vor eine große Herausforderung stellt. „Viele Stadtwerke kommen an die Grenze ihrer Liquidität“, so VKU-Präsident und Oberbürgermeister der Stadt Mainz, Michael Ebling im 5-Minuten-Impuls zum Thema. Er forderte von der Bundesregierung eine bundeseinheitliche Unterstützung kommunaler Unternehmen und einen Preisdeckel für Endkunden: „Stadtwerke sind genauso relevant wie Uniper.“
Gerade die jüngst dingfest gemachte Verstaatlichung von Uniper sorgte dabei natürlich für Unmut. „Das Problem bei der Wurzel packen“, nannte dagegen Dr. Patrick Graichen, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, die Stärkung des Energieriesens durch den Bund. In der Diskussion zum Thema „Wie erreichen wir den Klimaschutz unter Wahrung des energiepolitischen Zieldreiecks?“ gab er der Forderung vieler Teilnehmenden nach einem Schutzschirm für Stadtwerke eine Absage: „Wir werden nicht in der Lage sein, die gesamte Übersumme an Kosten auszugleichen.“
Das einzige, was in der aktuellen Lage helfe, seien „mehr Wind und Solar“, so Graichen und erntete damit einen kleinen Shitstorm: „Sie haben auf Ebene der Bundesregierung noch nicht verstanden, was hier gerade passiert“, kommentierte der Vorstandsvorsitzende der Dortmunder Stadtwerke AG, Guntram Pehlke den Beitrag. Dabei verwies er auch auf das bislang noch wenig ausgebaute Netz für erneuerbare Energien.
Kommunen als Koordinatoren
Der Ausbau erneuerbarer Energien ist eines der vielen Themen, die auf der Agenda der Kommunen und kommunalen Unternehmen steht. Photovoltaik, Geothermie, Wärmepumpe, auch die Nutzung von Abwärme – all diese Technologien sind dabei im Gespräch. Gleichwohl sind es ganz neue und kleinere Dimensionen, in denen bei der Umsetzung gedacht werden muss. Diese geht auch noch zu langsam und ist mit zu vielen bürokratischen Hürden verbunden, so der Tenor in der Talkrunde „Quartiere: Der Schlüssel zur Klimawende?!“.
Unter diesem Gesichtspunkt konnte Vorstandsvorsitzender der GASAG AG, Georg Friedrichs, der aktuellen Lage noch etwas positives abgewinnen: „Die Gaskrise macht Druck und den können wir gut gebrauchen“, so Friedrichs in der Diskussion. Und er gab zu Bedenken: „Wenn wir überall auf den Masterplan warten, dann schaffen wir es nicht. Wir müssen das, was gerade geht, auch tun.“
Was geht, auch tun, damit erntete er breite Zustimmung bei seinen Diskutanten. Timo Poppe, geschäftsführender Gesellschafter der Palladio Kommunal GmbH: „Ich werbe dafür, die Scheuklappen zu öffnen und neue Wege zu beschreiten.“ Konkret meinte er damit eine bessere Verzahnung von Kommune und Privatwirtschaft: „Die Wärmewende kann nicht allein aus kommunaler Tasche bezahlt werden.“ Natalie Heinrichs, Geschäftsführerin der Stadtwerke Sehnde GmbH, sieht Kommunen dabei zukünftig in der Rolle der Koordinatoren einzelner Partner und Beteiligter.
Digitalisierung braucht Bereitschaft
„Digital kann alles besser werden“, begrüßte Bundesminister für Digitales und Verkehr Volker Wissing die Kongressteilnehmer dann am zweiten Tag des VKU-Stadtwerkekongresses und wies damit auch schon auf das Thema der folgenden Formate. In punkto Digitalisierung hat sich der Bund einiges vorgenommen: eine flächendeckende Versorgung mit Glasfaser, mindestens 15 Millionen E-Pkws auf deutschen Straßen plus entsprechende Ladeinfrastrukur, klimafreundliche Fortbewegung für alle, Teilhabe für jeden, egal ob Stadt oder Land… bis 2030. Bei all dem sollen smarte Strukturen den durchschlagenden Erfolg bringen.
Hauptgeschäftsführer des VKU, Ingbert Liebing fand angesichts dieser langen Liste jedoch: „Entscheidungen für Zukunftsinvestitionen müssen vor Ort und nicht vom Bund getroffen werden.“ Beim Thema digitale Daseinsvorsorge wünschte er sich von der Bundesregierung einen klaren wettbewerblichen Rahmen und einen Abbau der Bürokratie. In der Diskussionsrunde zum Thema „Unterwegs auf smarten Infrastrukturen“ waren sich dann auch alle einig: Für eine erfolgreiche Digitalisierung braucht es Lust auf Veränderung und Kooperationswille. „Das Entscheidende ist, dass sich eine Kommune auf den Weg macht“, so Liebing abschließend.
VKU-Stadtwerkekongress: Mit gutem Beispiel voran
Dass sich der VKU auf den Weg gemacht hat, zeigte der Kongress ganz deutlich: Statt Programm in Papierform konnten sich die Teilnehmenden online über die einzelnen Veranstaltungen informieren und mittels Slido-App interaktiv an den Diskussionen teilnehmen. In Live-Befragungen verrieten die Stadtwerkevertreter, welche Themen sie aktuell beschäftigen und was die Must-haves von Morgen in punkto Mitarbeitermanagement sind. Die Ergebnisse wurden in Echtzeit dem Plenum mitgeteilt. Auch die mehr als 14 unterschiedlichen Formate – von ausgiebigen Talkrunden, Deep Dives für den unternehmenseigenen Fokus über 5-Minuten-Impulse bis hin zu Workshops – verliehen dem Kongress den für die kommenden Transformationsaufgaben nötigen Schwung.