EU-Textilstrategie betont Kreislaufführung von Textilien Fasci@AdobeStock
Abfall 1. November 2022

Mit der EU-Textilstrategie gegen die Altkleiderflut

Im März hat die EU-Kommission ihre „Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien“ verabschiedet. In deren Folge wurde die Verpflichtung zur getrennten Sammlung von Alttextilien ab 2025 in die EU-Abfallrahmenrichtlinie aufgenommen. Wir haben uns angeschaut, was das genau für Kommunen bedeutet und wie mögliche Lösungen im Umgang mit der Altkleiderflut aussehen.

Die Anzahl der Alttextilien nimmt Jahr für Jahr zu. Um dieser Situation entgegenzuwirken, hat am 30. März diesen Jahres die EU-Kommission die , eine „Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien“, verabschiedet. Die soll den Rahmen für einen im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu optimierenden Textilsektor schaffen. Ein Kernpunkt ist dabei die verstärkte Verflechtung von ökologischen und sozialen Belangen. Im Wesentlichen formuliert die EU-Strategie hier folgende Zielvorgaben, die bis zum Jahr 2030 umzusetzen sind:

  • Alle Textilerzeugnisse auf dem EU-Markt sind langlebig, reparier- und recycelbar, bestehen maßgeblich aus Recyclingfasern, sind frei von gefährlichen Stoffen und werden unter Achtung der Menschenrechte und der Umwelt hergestellt.
  • Wegwerfmode ist aus der Mode, d. h. den Markt bestimmen hochwertige, langlebige Textilien bei gleichzeitig moderaten Preisen.
  • Profitable Wiederverwendungs- und Reparaturdienste sind weithin verfügbar.
  • Hersteller übernehmen über die gesamte Wertschöpfungskette die Verantwortung für ihre Produkte mit ausreichenden Kapazitäten für und minimaler Verbrennung und Deponierung in einer wettbewerbsfähigen, resilienten und innovativen Textilwirtschaft.

EU-Abfallrahmenrichtlinie verpflichtet zur getrennten Textilsammlung

Im Kontext dieser Strategiepunkte wurde als eine erste konkrete Maßnahme die Verpflichtung zur Getrenntsammlung von Alttextilien ab 2025 in die EU- aufgenommen. Dieser bedeutet allerdings auch, dass sich mit seiner Umsetzung die ohnehin schon wachsende Menge an Alttextilien noch einmal erhöht, wenn Stoffe, die bisher über den Restmüll entsorgt werden konnten, einer getrennten Erfassung zugeführt werden müssen. Was in Folge, neben der Schaffung und Installation neuer, innovativer Recyclingtechnologien, auch eine adäquate Optimierung der Recyclingkapazitäten dringend notwendig macht. Und das natürlich auch ganz konkret vor Ort, an der Basis, in den Kommunen.

Altkleider-Sammelsystem hat sich bewährt

Dabei ist erst einmal festzuhalten, dass bei der Altkleiderverwertung eine Verflechtung von sozialen und ökologischen Belangen im Grunde schon existiert. Usus gibt es in allen Kommunen Kleiderkammern oder gemeinnützige Altkleidersammlungen (betrieben von den Kommunen selbst, durch kirchliche Träger wie die Diakonie, Sozialverbände oder Organisationen wie das Rote Kreuz), wo Kleidungsstücke gesammelt und – sofern es ihre Qualität zulässt – an Bedürftige weitergegeben werden bzw. der Erlös aus deren Verkauf in gemeinnützige Projekte fließt. Hinzu kommen gewerbliche Altkleidersammlungen, die Sammlung, Ankauf und Weiterverkauf unter unternehmerischen Gesichtspunkten durchführen.

Das Sammelsystem hat sich dabei durchaus bewährt. Neben den in den Kommunen an verschiedensten Stellen platzierten Containern, können Altkleider auch auf Recycling- und Wertstoffhöfen abgegeben werden. Von den Sammelstellen kommen die Altkleider in eine Sortieranlage. Durchschnittlich zahlt nach aktuellem Stand ein Sortierbetrieb pro Tonne Altkleider 300 bis 600 Euro. Nach der Sortierung werden im Schnitt 63 % der Altkleider einer Wiederverwendung als Kleidungsstücke zugeführt. 30 % werden in Recyclinganlagen zu Dämm- und Isolierstoffen sowie Industrieputzlappen verarbeitet, circa 7 % landen im Restabfall und von dort in der Verbrennungsanlage.

Sammlungsüberschuss an minderwertigen Textilien

Das Problem beginnt dort, wo etwa durch Fast Fashion ein zu großer Sammlungsüberschuss an minderwertigen Textilien entsteht, der sich auch auf den Sortierprozess als solchen negativ auswirkt, da dieser sehr kostenintensiv und aufwendig ist. Auch deshalb sollte immer darauf geachtet werden, dass kaputte Textilien, die am Ende ohnehin in der Verbrennungsanlage landen, nicht in Altkleidercontainern, sondern am besten auf dem entsorgt werden.

Kreislaufwirtschaftliche Prämissen für das Textilrecycling

Mit der neuen EU-Textilstrategie, die kreislaufwirtschaftlichen Anforderungen Rechnung trägt, wird es gerade auch für kommunale Entscheider wichtig, zukünftig noch mehr als bisher das Gesamtbild aus Produktion und Verkauf sowie Recycling und Wiederverwertung im Blick zu behalten. Und dies umso mehr, als seit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) Kommunen für das Textilrecycling verstärkt öffentliche Aufträge ausschreiben.

Um hierbei den kommunalen Entscheidungsträgern die Vergabepraxis zu erleichtern und darüber hinaus auch mehr Rechtskompetenz zu vermitteln, haben der bvse und der Fachverband Textil-Recycling einen „Leitfaden für die öffentliche Vergabe“ erarbeitet. Dieser umfasst zum einen Kriterien für eine hochwertige Sortierung, wie deren Durchführung durch zertifizierte und qualifizierte Sortierbetriebe, eine nach Tragfähigkeit und Marktgängigkeit ausgerichtete Klassifizierung oder einen lückenlosen Mengenstromnachweis. Gleichsam werden Kriterien für eine Verwertung nach den Maßgaben der Abfallhierarchie aufgeführt (z. B. mögliche Verwertungsverfahren, Mengenstromnachweise für die stoffliche oder thermische Verwertung).

Einheitliche Maßnahmen für die textile Kreislaufführung

Allerdings müssen auch bereits im Vorfeld von Entsorgung, Recycling und Wiederverwendung – schon bei Textilproduktion und Handel – Maßnahmen installiert werden, die auf europäischer wie nationaler und kommunaler Ebene greifen und den jeweiligen Instanzen sowohl klare Prioritäten als auch Handlungsspielräume ermöglichen. Solche Maßnahmen wären u. a.

  • Festlegung von Design-Anforderungen für Textilien hinsichtlich Langlebigkeit und Reparierbarkeit,
  • klare Kennzeichnung der Textilien und ihres Qualitäts-Status durch Etiketten und digitalen Produktionspass,
  • Bekämpfung von Greenwashing,
  • Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien mit umweltbezogener Gebührenstaffelung und die
  • Schaffung von Anreizen für kreislauforientierte Geschäftsmodelle.

Eine wirklich umfängliche und zielführende Umsetzung setzt natürlich voraus, dass rechtliche Rahmenbedingungen auf Grundlage international einheitlicher Vorgaben geschaffen bzw. optimiert werden (etwa die Anpassung der Landesabfallregelung an die neue EU-Strategie oder die Fixierung rechtsverbindlicher Parameter für eine erweiterte Herstellerverantwortung). Auch technologische Herausforderungen bekommen eine neue Dringlichkeit (beispielsweise beim Faserrecycling von Textilien, das gerade mit Blick auf die Anforderungen der neuen EU-Ziele von einer Marktreife noch weit entfernt ist).

Förderung des Textilrecyclings durch Kommunen

In diesem Kontext liegt es nicht zuletzt in der Hand der Kommunen, fördernde Struktur- und Finanzierungskonzepte zu erarbeiten, die auf die Situation vor Ort zugeschnitten sind. Nützliche Orientierungspunkte zeigen hier ggf. auch die von der österreichischen Circular-Futures-Plattform (www.circularfutures.at) ausgearbeiteten Handlungsempfehlungen. Diese umfassen u. a.

  • die Einführung von zwei verschiedenen Sammelschienen (wiederverwertbare Textilien und solche, die dem Recycling zugeführt werden),
  • die gezielte Unterstützung von Altkleiderwiederverwendung, insbesondere dann, wenn eine flächendeckende Sammlung nicht in zwei Sammelschienen resultiert,
  • die Einführung einer Wiederverwendungsquote,
  • die Förderung von Recyclingtechnologien bzw. von Unternehmen, die in innovative Technologien (im Textilsektor) investieren sowie
  • die Unterstützung insbesondere von sozialwirtschaftlichen Abfallsammlern, um deren steigende Kosten aufgrund sinkender Textilqualität zu decken.

Es sind also mannigfaltige Aufgaben, die die neue EU-Textilstrategie mit sich bringt. Die Reaktion der Entsorgungs-Branche darauf ist dennoch – oder gerade deshalb – positiv. So konstatiert etwa Stefan Voigt, bsve-Vizepräsident und Vorsitzender des Fachverbandes Textilrecycling: „Die aktuellen Vorgaben und Punkte der kürzlich veröffentlichten EU-Textilstrategie finden grundsätzlich Zustimmung in der deutschen Recyclingbranche. Optimistisch lässt uns auch die wahrgenommene positive Haltung seitens der Hersteller zu diesen Plänen in die Zukunft blicken.“ Auch Patrick Hasenkamp, Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmer und Leiter der Abfallwirtschaftsbetriebe Münster, befindet: „Insbesondere der Textilsektor bietet ein großes Potenzial für mehr Abfallvermeidung und besseres Recycling.“

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