Die Finanzlage in Kommunen verschlechtert sich zunehmend. Bereits 2023 hatten Städte und Gemeinden mit einem Minus von 6,8 Milliarden Euro rote Zahlen geschrieben – erstmals seit 2011. Für das laufende Jahr prognostizieren kommunale Spitzenverbände ein Rekorddefizit von 13,2 Milliarden Euro. Auch in den Folgejahren werde das Defizit auf einem ähnlichen Niveau verharren, so die Vorhersage. In einer gemeinsamen Mitteilung im Juli forderten die Präsidenten der Verbände Oberbürgermeister Markus Lewe (Deutscher Städtetag), Reinhard Sager (Deutscher Landkreistag) und Dr. Uwe Brandl (Deutscher Städte- und Gemeindebund) deshalb, Kommunen mehr Gelder aus den Gemeinschaftssteuern zukommen zu lassen. „Außerdem muss endlich Schluss damit sein, dass Bund und Länder die Aufgaben der Kommunen immer mehr ausweiten, ohne für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen“, so die Verbandspräsidenten. Kommunen wollten vor Ort gestalten, mit Haushalten im Defizit könnten sie an vielen Stellen aber nur noch den Mangel verwalten, hieß es in der Mitteilung weiter.
Nachhaltigkeitswende erfordert Investitionen in Infrastruktur
Auch Kämmerer beurteilen die aktuelle und zukünftige Finanzlage in Städten und Gemeinden zunehmend pessimistisch, wie eine Befragung im Rahmen des KfW-Kommunalpanels 2024 ergab. Als langfristige Herausforderung für kommunale Haushalte sehen sie insbesondere Personal-, Sach- und Sozialkosten. Diese würden Investitionsspielräume weiter verringern, heißt es im Bericht von KfW Research. Zwar waren im vergangenen Jahr die Investitionen in Kommunen leicht gestiegen. Auch für 2024 habe die Investitionsplanung um 4,1 % zum Vorjahr zugelegt. Insgesamt rechnen die Kommunen in ihren Kernhaushalten mit Gesamtinvestitionen von 45 Milliarden Euro. Wichtigste Schwerpunkte bleiben dabei Schulen und Straßen sowie Kinderbetreuung, Brand- und Katastrophenschutz und öffentliche Verwaltungsgebäude. Laut Experten reicht dies aber nicht dazu aus, um allgemeine Preis- und Bedarfssteigerungen auszugleichen.
Der wahrgenommene Investitionsrückstand der Kommunen beträgt laut KfW aktuell etwas mehr als 186 Milliarden Euro – ein Plus von 12,4 % im Vergleich zum Vorjahr. Dabei erfordert insbesondere die Nachhaltigkeitswende verstärkte Investitionen in kommunale Infrastruktur. KfW-Chefvolkswirtin Dr. Fritzi Köhler-Geib rief in Erinnerung, dass Kommunen rund 60 % der Baumaßnahmen der öffentlichen Hand tätigten. „Hier gilt es in Zeiten knapper Finanzmittel, auch die vielen nichtmonetären Hemmnisse anzugehen, beispielsweise durch vereinfachte Genehmigungs- und Vergabeverfahren, damit zumindest die vorhandenen Investitionsmittel schneller und effizienter verbaut werden können“, so Köhler-Geib in einem Kommentar zum Thema. Weitere unterstützende Maßnahmen könnten laut KfW-Bericht eine Stärkung der Verwaltungskapazitäten durch Digitalisierung von Prozessen sowie eine verbesserte finanzielle Basis für kommunale Investitionen sein.
Kommunen brauchen feste Anteile am Steueraufkommen
In einer Analyse im Wirtschaftsdienst vom Juli 2023 schrieb Oliver Lerbs, Professor für Volkswirtschaftslehre und Rechnungswesen an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen (HSPV NRW): „Damit die lokalen Gebietskörperschaften einen tatsächlichen Beitrag zu einem Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen leisten können, ist – jenseits der diskreten Hilfsprogramme der Krise(n) – eine strukturelle Stärkung der Finanzausstattung der Kommunen notwendig.“ Das schließt sich an die bereits genannte Forderung der kommunalen Spitzenverbände an, Kommunen mehr am Gesamtsteueraufkommen zu beteiligen. Auch Kooperationen mit anderen Kommunen, Institutionen und der Privatwirtschaft können Spielräume für Zukunftsinvestitionen schaffen.