Die Stadt Tübingen hat es vorgemacht: Anfang 2022 führte die baden-württembergische Universitätsstadt eine Steuer auf Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck ein. Diese muss von Betrieben entrichtet werden, die entsprechende Verpackungen für Speisen und Getränke zum sofortigen Verzehr ausgeben. Um die Einführung der Verpackungssteuer, von der rund 440 Betriebe in Tübingen betroffen sind, gab es viel Wirbel.
Die Betreiberin einer McDonald’s Filiale klagte gar gegen die Erhebung der Gebühr und bekam in erster Instanz Recht. Letztlich sprach sich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jedoch für die Rechtsgültigkeit der kommunalen Steuer aus, nachdem die Stadt Tübingen in Revision gegangen war. To-go-Mahlzeiten würden typischerweise vor Ort gegessen, sodass die entsprechenden Verpackungen im Gemeindegebiet verblieben. Es spräche somit nichts gegen eine örtliche Steuer, so das Urteil.
In Tübingen ist die Sondersteuer mittlerweile Routine. Es gäbe keine Beschwerden mehr dazu, so eine Pressesprecherin gegenüber dem SWR. 950.000 Euro hatte die Stadt 2022 eingenommen; für 2023 gäbe es bislang 116 Steuerbescheide mit über 600.000 Euro, weitere würden noch bearbeitet.
Mit den eingenommenen Geld finanziert Tübingen u. a. die Entsorgung von Verpackungsabfällen in der Innenstadt. Als zweite deutsche Stadt folgt nun Konstanz dem „Tübinger Erfolgsmodell“, wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Besteuerung betitelt. „Pro Jahr werden in Konstanz rund 500 Tonnen Müll auf öffentlichen Flächen hinterlassen, in Mülleimern, auf Straßen und Plätzen sowie am Seeufer,“ erklärte der Leiter des Amts für Klimaschutz in Konstanz, Philipp Baumgartner, auf einer Veranstaltung im August 2024. Durch eine lokale Verpackungssteuer solle neben Umweltschutz, Ressourcenschonung und einem sauberen Stadtbild auch ein Anreiz für den Umstieg auf Mehrweg geschaffen werden.
Verpackungssteuer in Konstanz ist umstritten
Seit dem 1. Januar 2025 müssen Konstanzer Betriebe, analog zu Tübingen, je 50 Cent für Einwegbecher und -verpackungen sowie 30 Cent für Einwegbesteck bezahlen. Betroffen sind sämtliche Verpackungen aus Papier, Pappe, Kunststoff oder Aluminium, wie Becher für Kaffee und Eis, Pommesschalen oder Einwickelpapier für Döner. Die Maßnahme war im Vorfeld umstritten. Zu kompliziert und mit zu viel Aufwand verbunden, befanden viele Gastronomen. Nach Angaben des SWR befürchteten sie, durch erhöhte Preise Kundschaft zu verlieren oder gar pleite zu gehen. Auch der Konstanzer Gemeinderat war sich nicht einig.
Wie der SWR berichtete, wollten CDU, Freie Wähler und die FDP die Verpackungssteuer im Dezember auf den letzten Metern noch stoppen. Eine Mehrheit stimmte letztlich aber für deren Einführung. Lokale Imbisse, Restaurants und Bäckereien, aber auch Fast-Food-Filialen und Supermärkte sowie deren Kundinnen und Kunden sollten mehr an Entsorgungskosten von Einwegverpackungen beteiligt werden, so das Ziel.
Greifen Betriebe auf Mehrwegalternativen zurück, entfällt für sie die Steuer. Franziska Schramm vom Klimaschutzamt Konstanz zeigte auf einer Infoveranstaltung für betroffene Betriebe auf, wie diese auf Mehrwegverpackungen umstellen könnten. Zudem verwies sie auf Vorteile entsprechender Alternativen für Gastronomie und Handel, stellte mögliche Poolsystemanbieter vor, denen sich die Betriebe anschließen könnten, und informierte über bereits bestehende Lösungen. Zwar bedeute der Umstieg erstmal einen Mehraufwand, so Schramm, auf lange Sicht könnten dadurch aber Kosten eingespart, die Kundenbindung gestärkt und das eigene Image verbessert werden.
Systemanbieter für Mehrweggeschirr
- Mehrwegbecher und Gläser: https://mehrweggeschirr.shop
- Mehrweggeschirr für Gastronomie: https://recup.de/mehrweggeschirr/
- individuelle Mehrweglösungen für Gastronomie und Handel: https://www.remondis-mehrweg.de
- Mehrweglösungen im Eventbereich: https://cupconcept.com/de-de/unternehmen/ueber-uns/
In einer Meldung vom Oktober 2024 wies die Stadt außerdem darauf hin, dass Betriebe ab einer Ladenfläche von 80 Quadratmetern und mindestens fünf Beschäftigten, die Speisen und Getränke zum Direktverzehr anbieten, bereits seit Januar 2023 gesetzlich dazu verpflichtet seien, Mehrweglösungen anzubieten.
Deutsche Umwelthilfe fordert bundesweite Verpackungssteuer
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt diese Entwicklung. Bereits nach der Einführung der Verpackungssteuer in Tübingen hatte sie Kommunen in ganz Deutschland dazu aufgefordert, dem Beispiel der baden-württembergischen Stadt zu folgen. Auch an Bürgerinnen und Bürger appellierte die Organisation: „Fordern Sie Ihre Kommune auf, eine Verpackungssteuer auf Einweg-Takeaway einzuführen.“ Einen entsprechender Antrag kann auf der Website der DUH erstellt werden.
Auf diese Weise will die Organisation auch den Druck auf das Umweltbundesministerium erhöhen, eine bundesweite Steuer auf Einwegverpackungen zu etablieren. Der erste Schritt in diese Richtung ist mit Tübingen und Konstanz gemacht. Weitere Kommunen interessieren sich zumindest schon mal für eine solche Gebühr, darunter Friedrichshafen, Sigmaringen und Singen in der Region Bodensee-Oberschwaben sowie Bietigheim-Bissingen im Kreis Ludwigsburg. Der BUND forderte im vergangenen Jahr auch die Stadt Berlin dazu auf, eine kommunale Steuer auf Einwegverpackungen einzuführen.