Der Blick auf Straßen und Wege sowie der Spaziergang in der Natur werden mancherorts durch unerlaubt abgeladenen Sperrmüll, Restabfall, Bauschutt und Elektroaltgeräte getrübt. Die illegale Abfallentsorgung im öffentlichen Raum beschäftigt Kommunen zunehmend. 72 Prozent gaben in einer 2022 durchgeführten Befragung der Expertenplattform für Kreislaufwirtschaft „Themennetzwerke“ an, dass wilde Abfallablagerungen in den vorangegangenen fünf Jahren stark bis sehr stark zugenommen hätten. Zwei Jahre später ist das Problem weiterhin aktuell, wie eine Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vom 12. März 2024 belegt. Beschrieben werden hier Kommunen in Bayern wie Ebersberg und Poing, die mit sogenannten Waste-Watchern Missetätern auf die Spur kommen, aufklären und Bußgelder verhängen. Auch größere Städte wie Leipzig, Düsseldorf und Hamburg setzen schon länger auf Mülldetektive.
Illegale Abfallentsorgung: Teuer für Umwelt und Stadtkasse
Die Sache ist also ernst und das zurecht: Unter den illegal entsorgten Abfällen finden sich auch oftmals schadstoffhaltige Substanzen, die eigentlich als Sonderabfall entsorgt werden müssten. Die gefährlichen Stoffe gehen in die Umwelt über und verursachen hier massiven Schaden an Pflanzen- und Tierwelt. Das reicht von der achtlos weggeschnipsten Zigarette, die das Potenzial hat, 40 Liter Grundwasser zu verunreinigen bis hin zur großflächigen Ablagerung von gefährlichen Abfällen am Waldrand. Eine Datenauswertung des ZDF-Magazins frontal vom Februar 2023 ermitteltemindestens 330 illegale Halden in Deutschland, auf denen seit zehn oder 15 Jahren hunderttausende Tonnen Abfall lagern. Benjamin Schwan vom Institut für Abfall- und Kreislaufwirtschaft an der TU Dresden sagte hierzu gegenüber frontal: „Wir wissen nicht, welche Stoffe in den Boden gelangt sind, sprich zum Beispiel irgendwelche Öle, irgendwelche giftigen Chemikalien oder welche Stoffe über Staub in die Umgebung gelangt sind.“
Werden die Verursacher nicht gefunden – was meistens der Fall ist –, kommt die Kommune und damit der Steuerzahler bzw. die Steuerzahlerin für die fachgerechte Entsorgung der illegal entsorgten Abfälle auf. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch teuer. Allein die Beseitigung der 330 illegalen Halden würde insgesamt mindestens 1,2 Milliarden Euro kosten, schätzt frontal im Beitrag. Soviel zu den großen Schauplätzen. In den Kommunen finden sich aber auch noch viele kleine und die schlagen über die Zeit gerechnet ebenfalls zu Buche. In Konstanz beispielsweise sammelt das städtische Recyclingunternehmen im Jahr rund 50 Tonnen wilden Abfall ein. Dessen Entsorgung beläuft sich auf circa 37.000 Euro. Sachsen-Anhalt hat für die Beseitigung von Abfällen entlang der Landstraßen 2023 rund 130.000 Euro bezahlt.
Eine Übersicht der illegalen Abfallhalden in Deutschland finden Sie hier.
Mehr Service für weniger Littering
Mit dem Einwegkunststofffondsgesetz hat der Gesetzgeber einen Schritt gemacht, um Kommunen etwas zu entlasten. Seit Januar 2024 sind Herstellende bestimmter Kunststoffprodukte dazu verpflichtet, für die Sammlung und Entsorgung achtlos weggeworfener Abfälle aufzukommen. Das geschieht, indem sie eine Abgabe für Produkte wie Tabakwaren, Getränkebehälter und To-go-Lebensmittelbehälter in den Einwegkunststofffonds einzahlen. Kommunen können diese Gelder nutzen, um Gebührenzahlende bei erhöhtem Mehraufwand für die Beseitigung illegaler Abfälle zu entlasten oder kommunale Reinigungsleistungen zu intensivieren. Das ist nützlich, beseitigt jedoch nicht das eigentliche Problem. Wie können Kommunen verhindern, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Abfälle nicht einfach im öffentlichen Raum entsorgen, sondern die dafür vorgesehenen und sinnvollen Wege innerhalb der Abfallverwertungskette nutzen?
Um illegalen Praktiken vorzubeugen will bspw. die Stadt Nürnberg neben Mülldetektiven künftig auf mehr Service setzen. So denkt das Referat für Umwelt aktuell darüber nach, einen Sperrmüll auf Abruf einzurichten und rund um Container häufiger zu reinigen, wie die dpa mitteilt. Mehr Service gegen Littering: Diesen Gedanken nimmt auch die IFAT 2024 auf. Kommunen haben vom 13. bis 17. Mai 2024 die Möglichkeit, sich auf der Weltleitmesse für Umwelttechnologien über innovative Lösungen in den Bereichen Wasser, Abwasser, Abfall und Recycling zu informieren. Die Messe hat den Anspruch, Lösungsplattform, Netzwerkveranstaltung und Wissenshub zugleich zu sein. Zusammengebracht werden hier Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, die vielseitige und ergebnisorientierte Ansätze mitbringen. Hier finden Kommunen viele Möglichkeiten, um zum Thema illegale Abfallablagerung miteinander ins Gespräch zu kommen.
„Clean Schnack“: Kommunen geben Inspirationen
Inspiration kann beispielsweise die Stadtreinigung Hamburg (SRH) geben. Sie ist auf der IFAT 2024 am Gemeinschaftsstand des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) vertreten wie auch die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR), der Abfallwirtschaftsbetrieb München und der Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart. Bei der Bekämpfung von Littering setzt Hamburg u. a. auf Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung. Beim „Clean Schnack“ spazieren die sogenannten WasteWatchers+ durch Parks, Grünanlagen und am Elbstrand und schnacken dort mit den Menschen über achtlos weggeworfene Abfälle – ohne erhobenen Zeigefinger. Außerdem werden Bürgerinnen und Bürger dazu motiviert, wilde Abfallablagerungen per kostenloser SRH-App schnell und unkompliziert zu melden. In verschiedenen Vorträgen auf der VKU-Stage der IFAT stellt die Stadtreinigung Hamburg ihre innovativen Konzepte vor, ebenso wie die Berliner Stadtreinigungsbetriebe. Letztere teilen u. a. ihr Wissen über die Wiederaufbereitung verunreinigter Böden.
Das komplette Veranstaltungsprogramm der IFAT 2024 finden Sie hier.
Innovationen rund um eine serviceorientierte und bürgerfreundliche Abfallsammlung präsentieren auch private Unternehmen auf der IFAT. Um das Problem an der Wurzel zu packen, haben bspw. die nordrhein-westfälischen Städte Coesfeld und Versmold mithilfe des Recyclingdienstleisters REMONDIS im November 2023 einen besonderen Service eingeführt: Mittels App können Bürgerinnen und Bürger zu selbst gebuchten Zeiten Abfälle beim Wertstoffhof abgeben – auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten. Damit wollen die Kommunen der Bevölkerung bei der Abfallentsorgung mehr Handlungsspielraum ermöglichen und in letzter Instanz verhindern, dass Sperrmüll und Co. in der Natur landen. Die Idee geht auf: Gegenüber Klimaschutz Kommune sagte Michael Meyer-Hermann, Bürgermeister von Versmold, dass illegale Ablagerungen in der freien Landschaft seit Einführung des digitalen Self-Services zurückgegangen seien, insbesondere bei größeren Abfällen wie Möbel, Einbauküchen und großen Elektrogeräten.
Besucherinnen und Besucher der IFAT können sich am Stand von REMONDIS über den digitalen Wertstoffhof (MAEX) informieren. Der Recyclingdienstleister arbeitet mit vielen Kommunen in Deutschland und Europa zusammen und entwickelt innovative Lösungen für die kommunale Kreislaufwirtschaft. Ein weiterer Service aus dem Hause REMONDIS ist der TEXTILTIGER. Der ist aktuell in Hamburg, Trier, Köln und München unterwegs. Abholdienste für Altkleider und andere Wertstoffe hat Hamburg im Zuge der enormen Vermüllung rund um Altkleidercontainer etabliert. Der TEXTILTIGER fährt klimafreundlich mit Cargo-Bike bis vor die Haustür der Bürgerinnen und Bürger und sammelt auf Abruf ausgediente Klamotten ein. Auch recyclehero, eine Marke der HC Sustainable Logistics GmbH, holt in der Hansestadt Altkleider sowie Elektroaltgeräte, Altglas und Altpapier mit Lastenrad oder E-Transporter von Zuhause ab und kümmert sich um deren nachhaltige Verwertung. Weitere Informationen zu den Möglichkeiten und umfangreichen Services für Kommunen, geben die Seiten von recyclehero und REMONDIS Digital [EXTERNER LINK: https://www.remondis-digital.com].
Fachwissen und Erfahrungsaustausch auf der IFAT 2024
Um illegalen Abfallablagerungen nachhaltig vorzubeugen, müssen sicher verschiedene Wege beschritten werden. Mülldetektive, Waste-Watcher, Herstellerverantwortung für weggeworfene Produkte und mehr Service für Bürgerinnen und Bürger – das Problem wird bereits auf verschiedenen Ebenen angegangen. Für Kommunen ist es sinnvoll, sich aus der Vielzahl der Möglichkeiten die für sie stimmigsten Optionen auszuwählen. Dabei hilft auch der Austausch mit anderen Betroffenen sowie Akteurinnen und Akteuren, die Lösungen parat haben. Die IFAT 2024 konzentriert Fachwissen und Erfahrung zum Thema Abfall und Recycling und bietet so vor allem Kommunen eine geeignete Plattform für einen intensiven und konstruktiven Austausch.