- Die Anforderungen an eine umwelt- und ressourcenschonende Abfallwirtschaft stellen Kommunen vor große Herausforderungen. Der in den 1990ern begonnene Wandel von der linearen Entsorgung hin zur Kreislaufwirtschaft wurde 2013 von dem bundesweiten Abfallvermeidungsprogramm mit konkreten Maßnahmen unterfüttert.
- Kernaufgabe der kommunalen Abfallstellen ist weiterhin die Entsorgung. Über moderne Anlagen können Städte und Gemeinden ihre Abfälle zum Teil in den Wirtschaftskreislauf zurückführen. In punkto Abfallvermeidung ist eine zielgruppenspezifische Kommunikation mit der Bevölkerung angezeigt.
- Bei allen Anforderungen und Möglichkeiten moderner Abfallwirtschaft stehen Kommunen vor der Frage nach der Finanzierung. Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) können hier eine Lösung sein, wenn beide Partner offen sind für eine langfristige und auf gegenseitigen Zugeständnissen basierende Zusammenarbeit.
- Auch die Digitalisierung eröffnet neue Spielräume für eine nachhaltige, bedarfsgerechte und komfortable Abfallwirtschaft. Digitale Sensoren können volle Mülleimer im öffentlichen Raum erkennen und Roboter gefährliche Abfälle beseitigen. Bei allen Neuerungen müssen datenschutzrechtliche Fragen jedoch immer mitgedacht werden.
Abfallwirtschaft nach dem Deponieprinzip war gestern. Was bis in die 1990er Jahre Standard im Umgang mit Abfall war – nämlich das geordnete Ablagern von Abfällen –, ist heute nicht mehr praktikabel. Vor allem die Notwendigkeit an ein umweltverträgliches Wirtschaften bringt neue Anforderungen in diesem Teil der Daseinsvorsorge mit sich. Abfälle müssen bestenfalls vermieden, reduziert oder umweltgerecht wiederverwertet oder beseitigt werden. Die Aufgaben sind vielfältig und ihre Umsetzung erfordert beträchtliche finanzielle Mittel und Know-how. Abfall ist längst nicht mehr nur Abfall, sondern ein Wirtschaftsgut.
Als wichtigste Akteure in der Daseinsvorsorge spielen Kommunen in der Abfallwirtschaft eine zentrale Rolle. Als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und untere Abfallbehörden sind sie dafür zuständig, die für den Umwelt- und Ressourcenschutz wichtige, aber auch ambitionierte Gesetzgebung umzusetzen. Diese beinhaltet nicht nur den sachgerechten Umgang mit Abfall. Kommunen haben auch einen Informationsauftrag gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die ihrerseits ein Abfallmanagement auf konstant hohem Niveau erwarten. Hinzu kommt die Digitalisierung, die in der Abfallwirtschaft zwar neue Handlungsfelder eröffnet, aber auch viele Fragen aufwirft.
Dieser Spagat zwischen dem sachlich Notwendigen und finanziell Möglichen stellt viele Städte und Gemeinden vor große Herausforderungen. Wie sieht eine moderne Abfallwirtschaft aus, die den vielfältigen Anforderungen unserer Zeit genügt und gleichzeitig mit den Mitteln kommunaler Selbstverwaltung in Einklang gebracht werden kann? Hier sind neue Ideen und kreative Lösungen gefragt.
Abfallwirtschaft wird zum Umweltschutz
Spätestens mit dem Inkrafttreten des bundesweiten Abfallvermeidungsprogramms (AVP) 2013 ist klar: Der Schutz unserer Umwelt und der nachhaltige ,Umgang mit endlichen Ressourcen hat oberste Priorität. Bereits 1996 wurde das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), damals noch Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG), erlassen und mit diesem der Wandel von der linearen- hin zur Kreislaufwirtschaft eingeläutet. Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen gehören seitdem ins feste Repertoire einer jeden Kommune. Im Abfallvermeidungsprogramm des Umweltbundesamtes wird konkretisiert, was Städte und Gemeinden für einen nachhaltigen Umgang mit Abfall tun können. Ausgehend von der Abfallhierarchie steht dabei die Vermeidung von Abfällen im Vordergrund.
Haupttätigkeit der kommunalen Abfallstellen ist zunächst jedoch die Entsorgung. Im besten Fall wird Abfall gemäß KrWG in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt. Dies geschieht beispielsweise bei der Verwertung von Bioabfall, der kompostiert als Ersatz für Mineraldünger oder Torf im Gartenbau eingesetzt werden kann. Über Kaskadennutzung in Biogasanlagen werden Bioabfälle auch energetisch wiederverwertet. Die daraus gewonnene Energie können Gemeinden nutzen, um Schwimmbäder, Schulen und Krankenhäuser zu beheizen. Teile des Restmülls lassen sich ebenfalls zur Energiegewinnung nutzen und auch Plastikabfälle sind teilweise wiederverwertbar.
Was nicht in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden kann, muss sachgerecht entsorgt werden. In den meisten Fällen heißt das: deponieren oder verbrennen. Gefährliche Abfälle werden auch chemisch-physikalisch behandelt. Voraussetzung für eine Wiederverwertung oder Entsorgung ist eine strenge Trennung der verschiedenen Abfallarten sowie die jeweils notwendigen technischen Anlagen. Ein ausgeklügeltes System zur Abfalltrennung und stabile Partner mit modernen technologischen Möglichkeiten helfen Städten und Gemeinden dabei, umweltgerechte Lösungen in der Abfallentsorgung zu finden.
Abfall ist ein gesellschaftliches Problem
Die beste Entsorgungsstrategie nützt jedoch nichts, wenn die Bevölkerung am anderen Ende immer mehr Abfall produziert. Denn dieses Thema ist ein gesellschaftliches Problem. Die Kommune als unterste Verwaltungseinheit kann dabei Teil der Lösung sein. Nicht nur im Hinblick auf neue Wege in der Entsorgung. Bereits jetzt informieren Städte und Gemeinden über Möglichkeiten zur Abfallvermeidung und sensibilisieren ihre Bürgerinnen und Bürger für einen umwelt- und ressourcenschonenden Umgang mit Konsumgütern. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Fragen der Abfalltrennung.
Wieso Leitungswasser statt Wasser aus der Plastikflasche? Warum Neues kaufen, wenn es gut erhaltenes Gebrauchtes gibt? Wie das Gemüse und Obst transportieren, wenn nicht in der Verpackung? Menschen haben unterschiedliche Lebenswelten, die bei der Kommunikation berücksichtigt werden müssen. Was den einen überzeugt, erscheint dem anderen nicht sinnvoll. Bei einer zielgruppenspezifischen Ansprache der Bürgerinnen und Bürger haben Kommunen gegenüber Bund und Ländern dabei einen entscheidenden Vorteil: Sie sind einfach näher dran.
Auch die Möglichkeiten der kommunalen Selbstverwaltung eröffnen Spielräume. So gibt es bereits in vielen Städten und Gemeinden digitale Tausch- und Verschenkebörsen oder kommunal betriebene Gebrauchtwarenkaufhäuser und Flohmärkte, wie eine Erhebung zum Stand der Umsetzung des Abfallvermeidungsprogramms im Auftrag des Umweltbundesamts zeigt. Reparaturinitiativen und befristete Aktionen, z. B. Im Rahmen von Schulprojekten, werden von engagierten Kommunen betrieben genauso wie Ausstellungen im Museum zum Thema Abfallentstehung und -vermeidung. Lokale Medien können dabei als Multiplikatoren fungieren.
Finanzierung: Kommunen brauchen starke Partner
Ideen und innovative Konzepte gibt es, aber wer soll sie bezahlen? Für eine durchdachte Kommunikationsstrategie und deren Umsetzung ist Personal nötig. Eine Bioabfallbehandlungsanlage mit Kaskadennutzung kostet erstmal viel Geld. Und frühere Hausmülldeponien müssen auch heute noch betrieben werden. Neben der Einführung von Neuerungen, die eine moderne Abfallwirtschaft bereichern können, müssen Städte und Gemeinden zuallererst ihrer Kernaufgabe als öffentlich-rechtliche Abfallentsorger nachkommen. Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass die Verantwortlichen kommunaler Einrichtungen mit gleichbleibend hoher Qualität für Ordnung und Sauberkeit in der Gemeinde sorgen.
Umweltgerechte Abfallwirtschaft, die alle Möglichkeiten ausschöpft, ist eine Mammutaufgabe für die notorisch unterfinanzierten Kommunen. Unterstützung gibt es hier von Bund und Ländern. Auch Kooperationen mit Nachbarkommunen, kommunalen Unternehmen oder gemeinnützigen Verbänden sind eine Möglichkeit, Maßnahmen umzusetzen und Kosten zu teilen. Nicht zuletzt können Kommunen auch das Potential der Kreislaufwirtschaft nutzen, um ihren Abfall kostendeckend und gleichermaßen zeitgemäß zu entsorgen.
Städte und Gemeinden setzen in der Abfallwirtschaft auch auf Partnerschaften mit privaten Unternehmen, vor allem wenn es um die Sammlung, den Transport und die Verwertung oder Beseitigung von Abfall geht. Diese sogenannten Öffentlich-Privaten Partnerschaften können für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation darstellen: Kommunen profitieren vom spezialisierten Wissen und Effizienzstreben privater Unternehmen. Letztere finden in einer gemischtwirtschaftlichen Unternehmung eine langfristige Wertanlage und Ausweitung der Geschäftsfelder.
Sind Öffentlich-Private Partnerschaften die Lösung?
Eine Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) in der kommunalen Daseinsvorsorge hat als vorderstes Ziel, öffentlich-rechtliche Aufgaben in gemeinsamer Anstrengung zu erledigen. Dabei bringen sich die Kooperationspartner gemäß ihrer jeweiligen Kompetenzen zur Bewältigung der geforderten Leistungen ein. Gemeint ist allerdings nicht das bloße Schnüren eines Vertragspakets mit einer endlichen Laufzeit. Gerade im Bereich der Abfallwirtschaft ist ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen immer auch eine langfristige Angelegenheit, die auf gegenseitigen Zugeständnissen basiert.
Privaten Unternehmen geht es naturgemäß darum, hohe Gewinne zu erzielen und die Qualität ihrer Arbeit weiter zu steigern. Das deckt sich auf den ersten Blick nicht mit den Anforderungen, die Städte und Gemeinden erfüllen müssen. Die Fähigkeit der Privatwirtschaft, effizient zu arbeiten und damit auch finanzielle Überschüsse zu erwirtschaften, ist für Kommunen jedoch ein großes Plus. Hierdurch könnten sie ihren Kernaufgaben mit durchgängig hoher Qualität nachkommen und Innovationen im Bereich der modernen Abfallwirtschaft voranbringen, die sonst kaum bezahlbar wären. Auch der hohe Grad an Fachkenntnissen und die technologisch teuren Anlagen zur Rückgewinnung von Wertstoffen machen private Abfallentsorger für Kommunen zu einem attraktiven Geschäftspartner.
Privatunternehmen auf der anderen Seite müssen Erwartungen an schnelle und hohe Erträge deutlich zurückschrauben, wenn sie sich auf eine Öffentlich-Private Partnerschaft einlassen. Ihnen muss es bei einer Kooperation vordergründig darum gehen, eine stabile und in die Zukunft reichende Verbindung mit der öffentlichen Hand einzugehen. Sicherlich kann auch ein Anreiz darin bestehen, mit privatwirtschaftlichen Investitionen in diesem Bereich der Daseinsvorsorge einen gesellschaftlich relevanten Beitrag zu leisten. Frankfurt am Main hat als Kommune vor einigen Jahren bereits den Weg in eine ÖPP erfolgreich eingeschlagen.
Digitalisierung bietet Chancen
Neben der Notwendigkeit, eine umwelt- und ressourcenschonende Abfallwirtschaft zu etablieren, steht noch ein weiteres großes Thema auf der Agenda von Städten und Gemeinden: die Digitalisierung. Hier haben sich in den vergangenen Jahren bereits viele Kommunen auf den Weg gemacht, ihre Strukturen entsprechend umzustellen. Vor allem im Bereich der Verwaltung zeigt sich, dass digitale Prozesse dabei helfen können, Abläufe effizienter zu gestalten und damit Zeit und Geld zu sparen. Auch die Kommunikation wandelt sich. Über Abfall-Apps können sich Kommunen leichter mit ihren Bürgerinnen und Bürgern vernetzen und diesen Benachrichtigungen, Termine und Informationen rund ums kommunale Abfallmanagement direkt aufs Smartphone schicken. Doch das ist erst der Anfang.
Den technologischen Möglichkeiten, die eine „smarte“ Kreislaufwirtschaft bietet, sind nahezu keine Grenzen gesetzt. Bereits seit Anfang der 2000er gibt es Smart City-Projekte, die über digitale Sensoren Daten im öffentlichen Raum erfassen. Die daraus gewonnen Informationen werden genutzt, um Abläufe und Prozesse in der Stadt zu verbessern. So verraten Sensoren, welche öffentlichen Mülleimer voll sind und geleert werden oder welche Straßenabschnitte gesäubert werden müssen. Der Füllstand und die Zusammensetzung von Müllautos lässt sich über digitale Sensoren ermitteln oder ein Müllauto in Echtzeit nachverfolgen. Auch der Einsatz von Robotertechnologie bei der Beseitigung von gefährlichen Abfällen ist längst kein Science-Fiction mehr.
Kreislaufwirstchaft 4.0 verspricht also zunächst einmal die nachhaltige, bedarfsgerechte und für den Menschen komfortable und ungefährliche Beseitigung von Abfällen. Natürlich wirft die digitale Transformation in Städten und Gemeinden auch viele Fragen auf: Wem gehören die Daten und wer darf sie wofür benutzen? Auch müssen datenschutzrechtliche Anforderungen von Anfang an bei der Umsetzung digitaler Neuerungen mitgedacht werden. Hier stehen Kommunen, wie auch beim Thema umweltschonende Abfallwirtschaft, vor einer großen Aufgabe.