Eine zukunftsorientierte Verwaltungsorganisation erfordert eine zeitgemäße Verwaltungsmodernisierung. Beides ist eng mit dem Begriff E-Government verbunden. Im Zentrum steht hier die umfassende Digitalisierung behördlicher Dienstleistungen. Und das heißt, die Installation einer breiten Palette an relevanten Verwaltungsangeboten, die Bürgerinnen und Bürger wie auch Unternehmen unmittelbar auf digitalem Wege in Anspruch nehmen können. Oder, um es mit den Worten des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) zu sagen: „E-Government ermöglicht Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen den unkomplizierten und zeitlich unabhängigen Zugang zu den Leistungen des Staates. Der Gang zum Amt wird so in den meisten Fällen überflüssig.“
Steuererklärung, KFZ-Zulassung, Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge, die Beantragung und Erstattung von Baugenehmigungen oder wichtiger Sozialleistungen wie Kindergeld, Ausbildungsförderung, Arbeitslosenhilfe – unter den Prämissen des E-Governments ist all das von zu Hause oder dem Firmenbüro aus zu bewerkstelligen. Somit geht es hierbei nicht zuletzt auch um einen gesellschaftspolitischen Paradigmenwechsel im Sinne der Bürgernähe. Angestrebt wird laut aktuellem Koalitionsvertrag „ein Staat, der […] mit einer unkomplizierten, schnellen und digitalen Verwaltung das Leben der Menschen einfacher macht.“
Der eGovernment MONITOR
Die Basis für die Realisierung einer bürgernahen, agilen Verwaltungskonzeption ist eine angemessene digitalisierte Verwaltung, d. h. die Existenz dafür notwendiger technologischer Gegebenheiten. Die gesetzlichen Vorgaben zu deren Installierung sind im Onlinezugangsgesetz (OZG) festgeschrieben – allerdings in der Umsetzung noch nicht überall auf optimalem Stand. Zugleich ist aber auch klar festzuhalten, dass in vielen Verwaltungsbereichen schon zahlreiche Angebote zur digitalen Nutzung existieren. Darüber, ob und inwiefern diese von den Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen goutiert werden, informiert seit 2012 der eGovernment MONITOR.
Der eGovernment MONITOR entsteht in Kooperation von Initiative D21 e. V., einer Denkfabrik zur Gestaltung der Informationsgesellschaft mit der Technischen Universität Münster und unter Schirmherrschaft des BMI. Beobachtet und analysiert werden, wie sich Nutzung und Akzeptanz von verwaltungsbehördlichen Online-Dienstleistungen über die Jahre und im Raum der sogenannten D-A-CH-Länder (Deutschland, Österreich, Schweiz) entwickeln. Das aktuelle Resümee der Studie bestätigt dabei „den Eindruck der letzten Jahre“: Dass sich nämlich in der Bevölkerung die Nutzung von E-Government auch 2022 nicht wirklich durchsetzte. Das heißt, das Verwaltungsleistungen weiterhin mehrheitlich analog mit einem „Gang zum Amt“ in Anspruch genommen werden. Und das eben auch dort, wo digitale Handhabungsmöglichkeiten durchaus existieren.
Die digitale Nutzungslücke
Zu letzterem konstatiert der eGovernment MONITOR : „Erhebt man den Bedarf an einer Leistung und setzt ihn mit der tatsächlichen Online-Nutzung in Beziehung, zeigt sich eine digitale Nutzungslücke.“
Die digitale Nutzungslücke bemisst die Differenz zwischen Bedarf und Nutzung: Wie hoch ist beispielsweise in einer Kommune der Anteil der Menschen, die Bedarf an einer Verwaltungsleistung haben – und wie hoch ist unter diesen Menschen der Anteil derer, die diese Verwaltungsleistung digital in Anspruch nehmen, das existierende Online-Potenzial auch nutzen. Laut eGovernment MONITOR liegt hier selbst bei der Beantragung wichtiger staatlicher Unterstützungen wie Ausbildungsförderung, Kindergeld und Arbeitslosengeld die Lücke bei 66 Prozent und mehr. Das heißt, dass zwei von drei Anträgen hier eben nicht über den Online-Zugang gestellt werden. Wobei hinzuzufügen ist, dass im Vergleich zu Österreich und der Schweiz die digitale Nutzungslücke in Deutschland besonders ausgeprägt klafft.
Zugleich liegt laut der Studie die „Wiedernutzungsbereitschaft“ von Online-Leistungen bei über 90 Prozent. Das heißt: Fast jeder, der einmal den digitalen Service genutzt hat, macht das auch weiterhin. Ein Widerspruch, der zur entscheidenden Frage führt: Warum stagniert die E-Government-Nutzung trotzdem?
E-Government: Nicht nur eine Frage der IT
Natürlich spielt hier auch eine Rolle, dass etwa die Beantragung von Urkunden oder das Ummelden des Wohnsitzes keine regelmäßig wiederkehrenden bzw. dynamisch ansteigenden Leistungen sind. Eine gewisse „Stagnation“ in einem bestimmten Zeitraum ist in dem Kontext schlicht normal.
Andere Stagnationsfaktoren sind weit relevanter. In der Hauptsache sind das die fehlende Bekanntheit vieler Online-Leistungen. Denn laut eGovernment MONITOR wissen beinahe die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger nicht, in welchem Umfang Online-Angebote genutzt werden können. Zudem gibt es eine merkliche Zunahme der abgefragten Nutzungshürden, das heißt, eine Verkomplizierung statt Vereinfachung einschlägiger Vorgänge sowie eine häufig fehlende medienbruchfreie Abwicklung. Insgesamt wird die Handhabung digitaler Verwaltungsangebote vor allem in Deutschland als zu kompliziert bewertet und nicht zuletzt gibt es auch eine grundsätzliche Skepsis gegenüber digitalen Verwaltungsformaten.
All diese Faktoren verweisen vor allem auf einen Umstand: „E-Government ist nicht nur eine Frage der IT, sondern auch eine der Organisation“, so das BMI. Und das meint maßgeblich eine Frage der Repräsentation, der verständlichen Kommunikation, mit der jeder sechste Bürger in Deutschland unzufrieden ist.
Digitaler Bürgerservice: Basics
Die Basis eines funktionierenden E-Governments ist neben der breiten Angebotspalette vor allem dessen sinnführende Online-Repräsentation. Sinnführend heißt: an einer bürgernahen Kommunikation und dem Abbau von Barrieren ausgerichtet. Beidem kommt vor allem im kommunalen Kontext eine unmittelbare Bedeutung zu. E-Government ist gerade hier als digitaler Bürgerservice zu verstehen. Dieser umfasst etwa:
- Möglichkeiten digitaler Terminvereinbarung,
- Informationen zu Gewerbesteuer, Gewerbeanmeldung oder Fördermöglichkeiten wie BAföG plus der Möglichkeiten, diese digital abzuwickeln.
- Mietspiegel für die einzelnen Wohngegenden in den Kommunen,
- Baugenehmigungen,
- Aufenthaltstitel, Beantragung/Erstellung von Personalausweis, Reisepass, Führungszeugnis,
- Beglaubigung von Dokumenten,
- Bußgeldabwicklung,
- Hilfsangebote (Kindertagespflege, Sozialleistungen usw.),
- KFZ- Anmeldung inklusive KFZ-Wunschkennzeichen.
Das sind nur die Hauptpunkte eines kommunalen E-Government-Angebots. Klar wird indes schon hier: Die Vielzahl von Inhalten in einer zentralen und dabei vor allem übersichtlichen Webpräsentation zu bündeln, ist mit einigen Herausforderungen verbunden. Beim digitalen Auftritt der Kommunen sind diesbezüglich vor allem auf ein übersichtliches Layout mit klar unterteilten Segmenten zu achten, eine leichte Bedienung und Funktionen zum schnellen Auffinden gezielter Inhalte sowie einer Content-Priorisierung plus erkennbarer Zielgruppenausrichtung.
Hierzu gehört auch die technische Implementierung von erweiterten Darstellungsoptionen, wie die Einstellung der Schriftgröße, Möglichkeiten zum Ausblenden nicht relevanter Bildelemente oder Animationen. Wichtig im Sinne des Barriere-Abbaus ist zudem die Berücksichtigung bzw. Einbeziehung von Zugriffsoptionen auf Erläuterungen in Leichter Sprache sowie Gebärdensprache. Beispielhaft sind hier die Webauftritte der Städte Bielefeld, Düsseldorf, Köln oder Erfurt. Um Bielefeld herauszugreifen: Gleich auf der Startseite sind ohne großes Suchen die Menüpunkte „Gebärdensprache“, „Leichte Sprache“ und „Barriere melden“ zu finden.
Digitaler Bürgerservice: Potenziale
Ist die digitale Organisation dieser Basics geschaffen und in ein effektives Erscheinungsbild integriert, offenbart das E-Government schnell weitere Potenziale. So kann beispielsweise die Stadtplanung und Gebäudesanierung mittels der Software DataFleet, die einen digitalen Zwilling des Stadtbilds erstellt, via Computerbildschirm erfolgen.
Mit dem digitalen Schließsystem MAEX können Wertstoffhöfe einen digitalen Self-Service anbieten, sodass Bürgerinnen und Bürger Ihre Abfälle sicher und flexibel selbst entsorgen können. Über eine App werden hier einzelne Behälter oder Tore außerhalb der Öffnungszeiten selbstständig geöffnet – so können lästige Wartezeiten vermieden werden und Betriebsabläufe effizienter geplant werden.
Modernes E-Government verspricht auch imperia CMS – das Contentmanagement System (CMS) unterstützt kommunale Verwaltungen bei der Entwicklung, Speicherung und Veröffentlichung von tagesaktuellen Inhalten; funktioniert im Grunde wie ein Informations- oder besser gesagt Austausch- und Kommunikationsbeschleuniger zwischen kommunaler Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern.
Kommunen gestalten E-Government der Zukunft
Wo die deutschen Kommunen in puncto E-Government im Einzelnen stehen, ist von Kommune zu Kommune häufig sehr unterschiedlich. So wie auch umgekehrt die Nutzung der Angebote bzw. die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit einzelnen Verwaltungsleistungen sehr unterschiedlich ausfällt. Fakt ist dennoch: E-Government und digitaler Bürgerservice sind die Zukunft. Ihre Gestaltung liegt maßgeblich in kommunaler Hand.