„Wir brauchen alle mehr Toleranz und nicht nur das Spurhalten auf der Mittellinie“, forderte Dr. Uwe Brandl zum Abschluss des diesjährigen Forum KOMMUNAL in Augsburg. Mit seinem Appell an die „Leitplanken-Freiheit“ brachte der Präsident des Bayerischen Gemeindetages und Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), die Veranstaltung gleichsam auf den Punkt: Um die Zukunftsfähigkeit von Kommunen voranzutreiben, gelte es als politische Entscheiderin bzw. Entscheider, auch einmal am Rande des Ermessens, der eigenen Leitplanke, zu agieren und nicht nur die allgemeine Erwartung zu erfüllen.
Ingesamt machte diese Veranstaltung deutlich, dass Städte und Gemeinden nur dann wirklich resilienter werden, wenn kommunale Entscheiderinnen und Entscheider aktiv Zukunftslösungen anpacken und sich nicht nur auf das Verwalten der Gegenwart konzentrieren. Das betrifft insbesondere notwendige Investitionen in die Infrastruktur der Daseinsvorsorge. Hier den vielen Worten auch Taten folgen zu lassen, wirkt sich letztlich auch stärkend auf unsere Demokratie aus.
Bei der Veranstaltung am 13. und 14. Juni 2024 bekamen die rund 170 Teilnehmenden daher vielerlei Möglichkeiten, sich über Potenziale abseits der Mittellinie zu informieren. Aus einem umfangreichen Programm mit Vorträgen, Workshops und Podiumsdiskussionen konnten kommunale Vertreterinnen und Vertreter Impulse zu wichtigen Themen der Daseinsvorsorge gewinnen. Flankierende Abendveranstaltungen sowie regelmäßige Pausen gaben Raum zum Austausch und Netzwerken.
Im Fokus: Digitalisierung, Fachkräftemangel und ländlicher Raum
Veranstalter des Forums war auch in diesem Jahr das Magazin KOMMUNAL, welches von der Zimper Media GmbH herausgegeben wird. Als Europas größtes Magazin für Kommunalpolitik ist das Medium nah dran an den Belangen von Städten und Gemeinden und weiß, was diese bewegt. Gerade bei Themen wie Energieversorgung, alternative Antriebe und Digitalisierung stehen Kommunen oft vor einem Berg an Informationen, Gegenwehr sowie unterschiedlichen Interessen- und Gewohnheitslagen. Wie gelingt es angesichts dieser Herausforderungen, das Potenzial im ländlichen Raum zu heben, dem Fachkräftemangel in der Kommune entgegenzuwirken und die Verwaltung zu digitalisieren? Diese drei Themen bildeten sodann auch die Schwerpunkte des Forums. Insbesondere Digitalisierung war ein viel diskutiertes Thema, was sicher auch dem diesjährigen Veranstaltungspartner, der Hochschule für angewandtes Management (HAM), geschuldet war. Diese bietet schwerpunktmäßig u. a. Studiengänge wie Computer Science, Digital Engineering oder Cyber Security an.
Das Hauptproblem bei der Digitalisierung sei die Organisation der Verwaltungen, bemerkte Prof. Dr. Thomas Meuche, Leiter des Kompetenzzentrums Digitale Verwaltung an der Hochschule Hof, während der Podiumsdiskussion „Digitalisierung der Verwaltung beginnt im Kopf“. Technologische Lösungen aus der Wirtschaft gäbe es ausreichend, allein der Wille zur Veränderung fehle in kommunalen Strukturen, so Meuche. Einen Schlüssel zur Lösung des Problems sah er in der Diversität im Berufsbild von kommunalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einerkonsequenten Qualifizierung. Er ermunterte die Teilnehmenden zum Handeln: „Einfach machen, einfach ausprobieren“ sowie „Mut zur Lücke“. Tanja Schweiger, Landrätin des Landkreises Regensburg, forderte dagegen vor allem Planungssicherheit, um Digitalisierung in der kommunalen Verwaltung effizienter voranzutreiben: „Mit jeder neuen Gesetzgebung des Bundes brauchen wir dazu einen autorisierten EDV-Prozess. Das ist in den Kommunen unser Handwerkszeug.“
Bürokratieabbau und Umsetzung der Clean Vehicles Directive
Doch nicht nur bei der Digitalisierung benötigen Kommunen Planungssicherheit und Klarheit vom Bund. Wie im Laufe der Veranstaltung deutlich wurde, gibt es einige Wünsche, vor allem hinsichtlich Bürokratieabbau. In den zahlreichen Workshops wurden innovative Ansätze für nachhaltige und zukunftsstarke Kommunen vorgestellt, deren rascher Umsetzung bisweilen ein langwieriger administrativer Prozess entgegensteht. Neben vielen Impulsen rund um den Einsatz digitaler und smarter Systeme in Kommunen waren auch alternative Antriebe ein Thema. Deren Implementierung im kommunalen Fuhrpark ist mit der Clean Vehicles Directive (bzw. der Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Richtlinie) verpflichtend geworden. In einem Workshop gab Janina Thielmann von REMONDIS Sustainable Services Impulse anhand unterschiedlicher Best Practise Beispiele. Vorreiter hier sind Kommunen wie Freiburg im Breisgau mit einer eigenen wasserstoffbasierten Fahrzeugflotte oder die Stadt Frankfurt am Main, die vor allem elektrisch fährt. Thielmann riet Kommunen diesbezüglich: Jede Stadt oder Gemeinde müsse bedarfsgerecht entscheiden und individuell beraten werden, um den Übergang in eine saubere und CO2-neutrale Zukunft zu meistern.
Wiedersehen bei der Messe KOMMUNAL 2024
Im abschließenden Impulsvortrag wagte Zukunftsforscher Dr. Daniel Dettling dann den Blick in die Glaskugel mit den Worten: „Der progressiven Provinz gehört die Zukunft. Kleinstädte und Dörfer erleben eine Renaissance.“ Ob sich diese Vorhersage für den ländlichen Raum bewahrheiten wird, hängt sicher auch maßgeblich davon ab, ob kommunale Entscheiderinnen bzw. Entscheider das Wagnis der „Leitplanken-Freiheit“ an der ein oder anderen Stelle eingehen. Wenn auch keine Vision so doch ein Wunsch formulierte abschließend auch Verleger und Geschäftsführer Michael Zimper stellvertretend für das KOMMUNAL-Team: Ein Europa, das von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern regiert wird.
Über den Fortlauf der Transformation in Kommunen können sich Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus den Städten und Gemeinden, Mitarbeitende der kommunalen Verwaltungen sowie Vertreterinnen und Vertreter kommunaler Unternehmen und Wirtschaft dann im nächsten Jahr bei Forum KOMMUNAL 2025 informieren oder gar über eigene Fortschritte berichten.
Weitere Impulse gibt es bis dahin auf der Messe KOMMUNAL am 28. und 29. August 2024 in Oldenburg. Hier präsentieren sich rund 100 Ausstellerinnen und Aussteller aus allen Themenbereichen der kommunalen Familie auf einer Fläche von 5.400 Quadratmetern. Erwartet werden mehr als 2.500 Entscheiderinnen und Entscheider aus Städten und Gemeinden deutschlandweit.