Deutschlands Schieneninfrastruktur ist in einem schlechten Zustand. Dabei ist gerade der Schienenverkehr eine wichtige Säule für die Verkehrswende. Mit 16,3 Milliarden Euro will der Bund in diesem Jahr eine Generalsanierung der Schieneninfrastruktur starten. Weitere Investitionen für 2025 sind bereits geplant. In einem Interview mit der FUNKE Mediengruppe sprach Bundesverkehrsminister Volker Wissing von insgesamt 31,5 Milliarden Euro, die die Ampel für Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung stellten. Um entsprechend mehr Finanzierungsoptionen und beschleunigte Verfahren zu schaffen, soll das Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) geändert werden. Dieses bildet die rechtliche Grundlage für Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes.
Trotz dieser bereits zugesicherten Gelder für die Generalsanierung der Schienen, welche insbesondere durch Bündnis 90/Die Grünen prioritär im Koalitionsvertrag 2021 festgeschrieben wurden, sind weitere finanzielle Mittel nötig. Denn die Kosten für umfassende Sanierungsmaßnahmen sind immens. Um auch über die nächsten zwei Jahre hinaus Gelder zu mobilisieren, schlug Bundesverkehrsminister Wissing daher jüngst die Einrichtung eines Infrastrukturfonds vor. Auch seien für ihn Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) denkbar, um den hohen Investitionsbedarf im Bereich Schieneninfrastruktur zu decken.
Private Gelder für die Finanzierung maroder Infrastruktur
„Wenn künftig notwendige Investitionen nicht im Haushalt abgebildet werden können, muss man andere Wege gehen, bevor man Investitionen kürzt“, sagte Wissing gegenüber der Süddeutschen Zeitung. „Nicht zu investieren, ist immer ein Fehler.“ Die Infrastrukturplanung sei auf langfristige Finanzierungssicherheit angewiesen und brauche klare Antworten. Das sehe auch Bundesfinanzminister Christian Lindner so, betonte der Verkehrsminister nach Angaben der SZ. Für einen Fonds könnten private Gelder mobilisiert werden, die aktuell bei Versicherungen und Pensionsfonds angelegt seien und nur bedingt für Infrastrukturprojekte verwendet werden dürften. Öffentlich-Private Partnerschaften seien eine weitere Möglichkeit, den Verkehrssektor voranzubringen, unterstützte auch FDP-Abgeordneter Frank Schäffler Wissings Vorstoß.
Für die Sanierung viel befahrener und maroder Streckenabschnitte benötigt die Deutsche Bahn (DB) insgesamt 90 Milliarden Euro. Bis 2030 will der Konzern etwa die Hälfte dieser Summe investieren. Der von Wissing geplante Infrastrukturfonds soll aber nicht nur dem Schienenverkehr zugutekommen. Die Mittel werden auch für die Sanierung von Straßen und Wasserstraßen gebraucht. Experten schätzen den jährlichen Investitionsbedarf für letzteres auf zwei Milliarden Euro, eine ähnliche Summe veranschlagt der Verkehrsminister für die Instandsetzung von Autobahnbrücken. Wie viel in die Sanierung von Fernstraßen investiert werden muss, ist bislang noch unklar.
Branchenverbände sehen ÖPP kritisch
Der Vorstoß des Verkehrsministers zur Einrichtung einer fondsbasierten Infrastrukturfinanzierung wird vor allem von Branchenverbänden des Eisenbahnverkehrs begrüßt. Der Geschäftsführer von Allianz pro Schiene, Dirk Flege, sagte gegenüber der SZ: „Herr Wissing hat schon jetzt mehr für die Eisenbahn geleistet als alle drei Minister vor ihm.“ Auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Claus Weselsky spricht sich auf der Seite LOK Report für einen Infrastrukturfonds aus.
Den Vorschlag, das Eisenbahnsystem durch Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) zu finanzieren, lehnt er dagegen ab: „Dieser Versuch eines Ausverkaufs von Infrastruktur ist die Fortsetzung einer Kette von Fehlern, die die Politik in den letzten Jahren getroffen hat.“ Inwieweit hier in den nächsten Jahren Tatsachen geschaffen werden, ist aber fraglich. Von Seiten der SPD und Bündnis 90/Die Grünen kommen bislang keine klaren Signale in Richtung ÖPP-Projekte.