Seit dem 18. Juli 2024 gelten in den Ländern der Europäischen Union neue Anforderungen an nahezu alle Arten von Produkten. Mit der neuen EU-Verordnung Ökodesign für nachhaltige Produkte (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, kurz: ESPR) will die Europäische Kommission sicherstellen, dass Produkte länger halten, Energie und Ressourcen für deren Herstellung effizienter genutzt werden, diese leichter repariert und recycelt werden können und mehr recyceltes Material enthalten. In einer Pressemitteilung vom 19. Juli sagte Maroš Šefčovič, Exekutiv-Vizepräsident für den europäischen Grünen Deal: „Heute legen wir die Messlatte höher, um sicherzustellen, dass ressourcen- und energieeffiziente Produkte auf dem EU-Markt zur Norm werden.“ Damit würden auch neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnet, innovative Arbeitsplätze geschaffen und ein Mehrwert für Verbraucherinnen und Verbraucher geboten, so Šefčovič. Er kündigte an, dass die EU nun rasch Ökodesign-Produktvorschriften einführen würde, beginnend bei den Produkten mit den größten Umweltauswirkungen und dem größten Potenzial für Kreislaufwirtschaft und Energieeinsparungen.
Mehr Nachhaltigkeit durch einheitliche Standards
Im Rahmen der seit 2005 geltenden EU-Ökodesign-Richtlinie galten bislang Mindestanforderungen für den maximalen Energieverbrauch von energiebetriebenen sowie seit 2009 auch von energieverbrauchsrelevanten Produkten. Dazu zählen u. a. Heizgeräte, Beleuchtung, Geschirrspüler, Warmwasserbereiter, Kühlgeräte und Waschmaschinen. In Deutschland ist die Richtlinie mit dem Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) umgesetzt. Seit 2019 spielt auch Ressourceneffizienz eine Rolle, wie das Vorhalten von Ersatzteilen, Informationen zu deren Einbau und Vorgaben, wie sich ein Produkt ohne Schaden zerlegen lässt. Laut Angaben der Europäischen Kommission hat die Richtlinie in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, dass EU-Haushalte durch die Nutzung energieeffizienter Produkte mehr als 200.000 Euro im Jahr einsparen konnten.
Die neue EU-Ökodesign-Verordnung nimmt nun weitere Produkte ins Visier, insbesondere Möbel, Reinigungsmittel, Textilien sowie einige Elektro- und Elektronikgeräte, und erweitert das Anforderungsspektrum an deren Nachhaltigkeit. Diese sollen nicht nur energie- und ressourceneffizient, sondern zukünftig zudem haltbar, wiederverwendbar, nachrüstbar und reparierbar sein. Auch soll der Anteil von Rezyklaten beim Design und der Produktion von Waren erhöht werden. Relevant sind ebenso vorhandene chemische Stoffe, die eine Wiederverwendung und das Recycling von Materialien verhindern könnten, sowie der CO2- und Umweltfußabdruck von Produkten. Eine entscheidende Maßnahme der neuen Verordnung ist in diesem Zusammenhang die Einführung eines Digitalen Produktpasses. Hier sollen alle verfügbaren Informationen zum Produkt hinterlegt sein, um umfassende Transparenz über dessen Nachhaltigkeit auf Seiten von Herstellern, Verbraucherinnen und Verbrauchern, Unternehmen sowie Entsorgern zu gewährleisten.
Bis März 2025 erstellt die EU-Kommission nun einen Plan mit allen Produktgruppen, für die in den nächsten Jahren spezifische Produktverordnungen erarbeitet werden. Ende 2025 sollen die ersten in Kraft treten. Die Verordnung sieht auch vor, dass ab Juli 2026 unverkaufte Textilien und Schuhe nicht mehr vernichtet werden dürfen. Eine weitere Neuerung ist, dass für die Vergabe öffentlicher Aufträge ebenfalls Ökodesign-Kriterien gelten werden. Auf diese Weise wird für die öffentliche Hand ein noch größerer Anreiz geschaffen, nachhaltige Produkte zu beschaffen. Eine der wenigen Produktgruppen, die keinen Mindestanforderungen genügen müssen, sind Lebensmittel und Medikamente.
Ökodesign-Verordnung: Meilenstein für Kreislaufwirtschaft
Mit der neuen Verordnung will die EU den europäischen Binnenmarkt nachhaltiger gestalten, recycelbare Materialien verdoppeln und ihre Energieziele bis 2030 erreichen. Wie erfolgreich die ESPR dabei wird, hängt nach Expertenmeinung maßgeblich von deren Implementierung und konkreten Kriterien für neue Produkte ab. „Die Ökodesign-Verordnung hat das Zeug, ein Meilenstein in Richtung Kreislaufwirtschaft zu werden“, befand die Referentin für zirkuläres Wirtschaften bei Germanwatch, Luisa Denter in einer Pressemitteilung vom April. „Damit die EU mit der Verordnung nicht nur eine leere Hülle schafft, muss die Kommission die Verordnung so für die einzelnen Produkte spezifizieren, dass der Umgang mit Rohstoffen und Produkten grundlegend reformiert wird.“ Denter forderte die Kommission des Weiteren dazu auf, hierfür nicht nur die großen Industrieverbände zu konsultieren, sondern auch das für die Kreislaufwirtschaft wichtige Handwerk sowie Umweltverbände und Verbraucherschutzorganisationen einzubeziehen.
Inwieweit Produkte mit den Ökodesign-Anforderungen konform gehen, überprüfen in Deutschland gemäß Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) und EVPG-Verordnung die Marktüberwachungsbehörden der Bundesländer. Die Verordnung wird aber nicht nur Hersteller in den EU-Ländern beschäftigen. Auch internationale Unternehmen, die ihre Waren in der EU anbieten, müssen zukünftig die neuen Anforderungen an das Ökodesign für nachhaltige Produkte beachten.