Direkt an der polnischen Grenze gelegen, ist Görlitz durch die Neiße von der polnischen Stadt Zgorzelec getrennt. Die beiden Schwesterngemeinden bilden gemeinsam eine grenzüberschreitende Europastadt und verbinden auf vielfältige Weise die deutsche und polnische Kultur miteinander. Görlitz versteht sich als sogenanntes Mittelzentrum im Freistaat Sachsen und spielt daher eine wichtige Rolle für die regionale Infrastruktur. In der Vergangenheit profitierte die Stadt Görlitz von ihrer Lage an der Via Regia, einer wichtigen mittelalterlichen Handelsstraße. Auf Grund des damit verbundenen Reichtums besitzt Görlitz deshalb heute noch eine außerordentliche Anzahl gut erhaltener historischer Gebäude. Neben der historischen Altstadt bietet Görlitz dank zahlreicher Museen, Theater und Kunstgalerien ihren circa 56.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sowie zahlreichen Touristen außerdem ein reichhaltiges kulturelles Leben.
TRUST-Projekt für schnellere Umsetzung von Klimaneutralität
Wie viele andere Städte in Ostdeutschland hat auch Görlitz mit dem demografischen Wandel zu kämpfen. Trotz sinkender Einwohnerzahlen hat sich die Stadt aber ambitionierte Ziele im Bereich der Nachhaltigkeit gesteckt und strebt bis 2030 Klimaneutralität an. Ein breites Spektrum kommunaler Initiativen hat in Görlitz eine lange Tradition. Bereits 2001 wurde das erste „Integrierte Stadtentwicklungskonzept“ (INSEK) erarbeitet, dem u. a. ein kommunales Klimaschutzkonzept für die Gesamtstadt (2002), die Teilnahme am European Energy Award (2004) sowie ein energetisches Gesamtkonzept für die Görlitzer Kernstadt (2013) folgten. Mit der Unterstützung der Wirtschaftsförderung Europastadt GörlitzZgorzelec GmbH entstand der Leitfaden „Klimaneutrale Stadt Görlitz 2030“, der 2020 dem Stadtrat vorgestellt wurde. Für die Sektoren Strom, Wärme, Industrie und Verkehr beschreibt der Leitfaden notwendige strukturelle Veränderungen, um ausgestoßene Treibhausgase innerhalb der Stadt bis 2030 konsequent zu minimieren.
Um dieses anspruchsvolle Ziel erfolgreich umzusetzen, haben sich verschiedene Akteure, darunter die Stadtverwaltung Görlitz, die beiden Vereine Görlitz für Familien und second attempt, die Stadtwerke Görlitz AG sowie das Leibnitz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) im Projekt TRUST zusammengeschlossen. TRUST gilt als europäisches Fallbeispiel, welches laut IÖR danach strebt, ein transformatives urbanes Innovationssystem für Klimaneutralität mitzugestalten. Grundlage hierfür ist ein intensiver Austausch aller beteiligten Akteurinnen und Akteure. Darüber hinaus werden im Rahmen des Projekts verschiedene Maßnahmen entwickelt, die es der Stadt ermöglichen, nachhaltiger zu wirtschaften und gleichzeitig die damit einhergehenden sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen.
Stadtwerke Görlitz als wichtiger Akteur für den Klimaschutz
Die Umstellung auf klimaneutrale Energiequellen ist ein Hauptanliegen der Stadt. Hieran arbeitet insbesondere die Stadtwerke Görlitz AG. Seit Anfang der 1990er Jahre versorgt das Unternehmen die Stadt u. a. mit Fernwärme, die nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung effizient Wärme und Strom produziert und damit vor allem zur Einsparung von Primärenergie beiträgt. Inzwischen verbinden Görlitz und Zgorzelec als Europastadt sogar ihre Fernwärmenetze, um gemeinsam die Bürgerinnen und Bürger zu versorgen, und haben hinsichtlich grenzüberschreitender Fernwärmenetze Vorbildfunktion für ganz Europa. Neben der erheblichen Effizienzsteigerung reduzieren die beiden Städte auf diese Weise auch ihren CO2-Ausstoß erheblich.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Portfolios der Stadtwerke Görlitz ist der Ausbau von Ladestationen und die Förderung von Elektrobussen im öffentlichen Nahverkehr. Damit setzt das Unternehmen ein wichtiges Zeichen in Sachen Elektromobilität.
Pilotprojekt „Stadt der Zukunft auf Probe“
Neben den Initiativen der Stadt und der Stadtwerke hat das Leibnitz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) in Görlitz ein weiteres Projekt ins Leben gerufen, um den ehrgeizigen Klimaschutzplan umzusetzen. Im Rahmen des Projekts „Stadt der Zukunft auf Probe“ konnten Bürgerinnen und Bürger der Stadt sowie externe Akteure an einem besonderen Experiment teilnehmen. Von September 2021 bis März 2023 haben insgesamt 18 Teilnehmende aus dem IN- und Ausland das Wohnen und Arbeiten in der Stadt Görlitz ausprobiert und mit ihren Ideen, Erfahrungen und Wissen die Stadt auf ihrem Weg zur Klimaneutralität unterstützt. Ein Bericht zu den wichtigsten Erkenntnissen und Ergebnissen des Projekts findet sich hier. Eine Fortführung des Projekts in angepasster Form und mit neuem Fokus ist in Planung.