Was machen Kommunalpolitiker eigentlich? Diese Frage können viele Bürgerinnen und Bürger laut einer Umfrage des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) scheinbar nur mit einem Achselzucken beantworten. Im Vorfeld der Kommunalwahlen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen befragte die öffentlich-rechtliche Medienanstalt fast 25.000 Menschen zu ihrem Eindruck und ihrem Wissen von der kommunalen Politik. 60 Prozent der Befragten fühlten sich schlecht darüber informiert, was genau Gemeinde-, Stadträte und Kreistag entscheiden. Lediglich 35 Prozent gaben an, gut darüber Bescheid zu wissen, was in Kommunen und Landkreisen selbst geregelt werden kann. Vor allem Frauen und Teilnehmende unter 50 Jahren sagten, sich nicht ausreichend in den kommunalen Verwaltungen repräsentiert zu fühlen, da Entscheidungen dort überwiegend von Männern in fortgeschrittenem Alter getroffen würden. Trotz dessen ist die überwiegende Mehrheit von 75 Prozent der Ansicht, dass Entscheidungen auf städtischer oder Gemeindeebene wichtige Auswirkungen auf das eigene Leben hätten.
Kommunalwahl in Thüringen
Die Ergebnisse dieser Umfrage drücken eine gewisse Ohnmacht gegenüber politischen Vorgängen aus. Das ist an sich nicht neu, vor dem Hintergrund der Kommunalwahlen in besagten Bundesländern und angesichts eines befürchteten Rechtsrucks in den Lokalparlamenten aber auch nicht unerheblich. Steffen Mau, Professor für Soziologie an der Humboldt-Universität Berlin, sagte hierzu gegenüber dem Deutschlandfunk: „Die AFD ist in vielen lokalen Kontexten auf dem Weg zur Volkspartei.“ In den jüngst zurückliegenden Kommunalwahlen in Thüringen blieb der erwartete Durchmarsch der als vom Verfassungsschutz erwiesen rechtsextremistisch eingestuften AFD zwar aus. Dennoch konnte die Partei einige Sitze mehr in Kreistagen und Stadträten gewinnen. Die meiste Zustimmung erhielt sie in Gera (35,2 %), im Kreis Sonneberg (34,7 %) und im Saale-Orla-Kreis (33,5 %).
Mit einer Beteiligung von 62,7 Prozent hatte die Thüringer Kommunalwahl etwas mehr Menschen mobilisiert als noch fünf Jahre zuvor (2019 wählten 60,3 Prozent der Bevölkerung). Regina Lang, Leiterin vom MDR News Center, sagte in einem Kommentar: „Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass den Thüringern die Demokratie etwas wert ist, mehr als befürchtet.“ Dass auch Kommunalwahlen eine Relevanz haben, zeigt die MDRfragt-Umfrage. Hier gaben 78 Prozent der Befragten in Mitteldeutschland an, Kommunalwahlen seien ihnen zumindest nicht unwichtiger als andere Abstimmungen. Eine große Mehrheit von 82 Prozent bekannte, sich vorab über die Ziele der einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten zu informieren. Von kommenden Kommunalvertretungen erwarteten sie dabei, dass diese Ehrenamt und Soziales stärkten, Klimaschutz vorantrieben und dabei die Wirtschaft nicht vernachlässigten sowie Voraussetzungen für gute Bildung und Infrastruktur schafften.
Digitalisierung ist wichtige kommunale Aufgabe
Als eine der dringlichsten Aufgaben kommunaler Verwaltungen sehen ein großer Teil der Befragten außerdem schnelle Fortschritte bei der Digitalisierung. Ein Umfrageteilnehmer aus dem Landkreis Zwickau schrieb beispielsweise: „Zum Stand der Zeit muss es möglich sein, dass alle Kommunen digital so aufgestellt sind, dass alle wichtigen Unterlagen wie Beschlussvorlagen, Beschlüsse usw. im Internet zur Verfügung stehen, und auch zeitnah über das elektronische Amtsblatt veröffentlicht werden.“ Eine befragte Person aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt schlug vor, digitale Medien wie Gemeinde-Apps zu etablieren, die über anstehende Versammlungen und Infoveranstaltungen informierten. Das könne zu mehr Austausch zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie ihren politischen Vertreterinnen und Vertretern beitragen. Selbst in der Kommunalpolitik aktiv zu werden, schlossen dagegen viele bewusst für sich aus. Der Grund: Angst vor Anfeindungen und Hass.
Die Umfrage wurde im Rahmen von MDRfragt durchgeführt. Bei diesem Meinungsbarometer werden Zuschauerinnen und Zuschauer sowie Hörerinnen und Hörer der MDR-Programme regelmäßig zu aktuellen Themen befragt. So wird ein Stimmungsbild der Menschen in Mitteldeutschland eingefangen. Teilnehmen kann jede und jeder ab einem Alter von 16 Jahren, weshalb der MDR auch bei der hier genannten Umfrage nicht von einer repräsentativen Studie spricht. Der Chefredakteur des Magazin KOMMUNAL, Christian Erhardt-Maciejewski stuft die Ergebnisse der Befragung jedoch aufgrund der Vielzahl der Teilnehmenden als „stichhaltig“ und „in der Richtung eindeutig zutreffend“ ein.