Grüne Parks statt graue Parkplätze, mit Wärmepumpen betriebene Eventhallen und mit Photovoltaik überdachte Fahrradwege. Zur Begrüßung der Teilnehmenden des 12. Kongresses Klimaneutrale Kommune in Freiburg im Breisgau entwarf Moderator Damian Wimmer von der Energieagentur Freiburg das Bild einer lebenswerten und grünen Stadt. Wie diese Vision in die Realität gebracht werden kann, war Thema in zahlreichen Vorträgen, Praxisforen und Diskussionsrunden. Dabei waren sich die Referentinnen und Referenten wie auch Zuhörende einig: Kommunen spielen bei der Umsetzung der Klimawende eine gewichtige Rolle. Die Voraussetzung hierfür brachte die Vorsitzende des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW, Kerstin Andreae, im Vortrag zu Herausforderungen und Chancen der Energiewirtschaft in der Zeitenwende auf den Punkt: „Es braucht eine Gelingenshaltung bis in jede Amtsstube.“
„Klimaschutz muss Pflichtaufgabe werden“
Welche Handlungsspielräume Städte und Gemeinden in der Bewältigung dieser „Menschheitsaufgabe“ haben, skizzierte die Freiburger Bürgermeisterin Christine Buchheit im ersten Vortrag vor großem Plenum. Zum ersten könne eine Kommune etwas in ihrem unmittelbaren Aktionsradius bewirken, beispielsweise durch ein systematisches Energiemanagement. Des Weiteren habe sie Gestaltungsmacht beim Aufbau einer Infrastruktur, die Klimaneutralität ermögliche, und bei der Umsetzung regulatorischer Maßnahmen, wie der Parkraumbewirtschaftung. Als viertes Handlungsfeld nannte Buchheit Informieren und Beratung von Bürgerinnen und Bürgern.
Freiburg selbst geht beim Thema Klimaneutralität mit gutem Beispiel voran: Statt 2045 will die Stadt schon 2035 CO2-neutral sein. „Das ist so gut wie morgen“, so Buchheit zu dem ambitionierten Vorhaben. Bei allen Möglichkeiten verwies sie jedoch auch auf die Tatsache, dass kommunaler Klimaschutz bislang auf Freiwilligkeit beruhe und aufgrund fehlender Ressourcen vielerorts „unter die Räder gerate“. Ihre Forderung lautete deshalb: Klimaschutz müsse kommunale Pflichtaufgabe werden, getragen durch spezielle finanzielle Mittel vom Bund und einem Förderansatz mit festem Budget.
Wie Klimaschutz und explizit die Energiewende und Wärmewende auf kommunaler Ebene nun realisiert werden kann, wurde sehr konkret in den folgenden Praxisforen diskutiert. Hier stellten verschiedene Unternehmen aus der Energiewirtschaft Innovationen, Projekte und Anwendungsfelder vor. Im Anschluss standen sie am runden Tisch Rede und Antwort. Vertreterinnen und Vertreter aus Städten und Gemeinden erhielten viele inspirierende Ideen für eine klimaneutrale Stadtentwicklung. Hierzu gehörten beispielsweise Flächenpooling für den Ausbau von Windenergie, einen mit Solarzellen überdachten Radweg, der gerade als erster seiner Art in Freiburg entsteht, und Strategien für einen Bürgerdialog bei der Steuerung von Freiflächen-Photovoltaik.
Neue Ideen für klimaneutrale Kommunen
Auch nachhaltige Mobilität war Thema während der zweitägigen Veranstaltungen. Hier wurde z. B. der Frage nachgegangen: Wie bringt man Sharingangebote aufs Land? Oder: Wem soll der öffentliche Raum zur Verfügung gestellt werden? Stichwort: Parkraummanagement. Das spült nicht nur Geld in die Stadtkasse. Angesichts größer werdender und emissionsintensiver PKWs kann dies auch ein kommunales Klimaschutzinstrument sein, erläuterte die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg.
Über die Fördermöglichkeiten für nachhaltige Mobilität klärte schließlich das Regierungspräsidium Freiburg auf. Kommunen wurde hier auf unterhaltsame Weise Mut gemacht, Förderungen in Anspruch zu nehmen.
Klimaanpassung und soziale Gerechtigkeit
In der Abschlussrunde richtete Miriam Dross vom Umweltbundesamt den Blick noch einmal auf das Thema Klimaanpassung. Insbesondere warnte sie vor Hitze als größtem Risiko im Zuge des Klimawandels. So habe es einen signifikanten Anstieg hitzebedingter Sterbefälle in den vergangenen Jahren gegeben, wie die Referentin zu berichten wusste. Um dem beizukommen, müssten Kommunen vor allem an drei Stellschrauben drehen: Mobilität, grüne und blaue Infrastruktur sowie Wohnen. Hier sei vor allem auch der Aspekt der sozialen Gerechtigkeit zu berücksichtigen. Einer UBA-Studie zufolge erreichten z. B. 1 Drittel aller Kinder nicht innerhalb von zehn Minuten eine öffentliche Grünfläche, so Dross. Da bestehe noch Verbesserungsbedarf auf Seiten der Städte und Gemeinden.
Verbesserungsbedarf gibt es auch auf Bundesebene, was die bereits beschriebene Forderung nach Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe angeht. Die griff Daniel Philipp vom Bundesverband Klimaschutz in seinem Vortrag nochmals auf und präsentierte Zahlen, die nachdenklich stimmten: Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes 2021 hätten circa 10.000 von 11.270 Kommunen kein Klimaschutzmanagement. „Hier kommt das Modell von Freiwilligkeit und Förderung beim kommunalen Klimaschutz an seine Grenzen“, so Philipp.
Zwar verbiete der Föderalismus dem Bund die Aufgabenzuweisung an die Kommunen, doch könne man z. B. über eine vergleichsweise kleine Änderung den Klimaschutz im Grundgesetz verankern. Ein Vorstoß hierzu käme von der Klima-Allianz, berichtete der Klimaschutzmanager. Der habe jedoch – zumindest kurzfristig – wenig Aussicht auf Erfolg. Grund für Pessimismus sieht Philipps aber nicht: „Wir schaffen das, wenn wir mit allen Kräften zusammenarbeiten.“