Makrostruktur von Kochöl taffpixture@shutterstock
Verkehr 6. September 2024

HVO100: Neuer Kraftstoff aus Lebensmittelabfällen

Was in anderen europäischen Ländern bereits zum Standard gehört, ist nun auch an deutschen Tankstellen verfügbar: der paraffinische Diesel HVO100. Mit der Einführung des alternativen Kraftstoffes aus gebrauchten Speiseölen will das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) CO2-Emissionen reduzieren.

Seit Mai 2024 können Bürgerinnen und Bürger in Deutschland den alternativen Kraftstoff HVO tanken. Der paraffinische Diesel besteht aus hydriertem Pflanzenöl und ist in Reinform als HVO100 erhältlich. Möglich wurde die Einführung von durch eine Änderung in der Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImschV). Mit dieser erlaubt der Gesetzgeber nun auch den Verkauf neuer, innovativer Kraftstoffe an Tankstellen, die zur Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen sollen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing lobte die Einführung von HVO100 in einem öffentlichen Statement und bezeichnete sie als „einen wichtigen Schritt für mehr im Verkehr“. Er ist überzeugt, dass durch den Einsatz des neuen Kraftstoffes künftig 90 Prozent der eingespart werden könnten.

Paraffinischer Diesel kann bis zu 90 Prozent weniger CO2 emittieren

HVO (Hydrotreated Vegetable Oil) ist ein paraffinischer Diesel, der aus erneuerbaren Rohstoffen wie gebrauchten Speiseölen oder biogenen Rest- und Abfallstoffen gewonnen wird. Durch Hydrierung und Umwandlung in Kohlenwasserstoffe werden diese zu einem hochwertigen Kraftstoff verarbeitet. Der so entstandene Diesel hat ähnliche Eigenschaften wie fossiler Diesel, ist jedoch biologisch abbaubar und emittiert bis zu 90 Prozent weniger CO2 bezogen auf Herstellung und Logistik des Kraftstoffes
 – allerdings nur, wenn der zur Herstellung notwendige aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Außerdem verbrennt HVO nahezu rückstandsfrei, was sowohl die Feinstaubbelastung verringert als auch den Motor schont. Der Kraftstoff soll nicht nur eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichem Diesel bieten, sondern auch die CO2-Emissionen im Verkehrssektor erheblich reduzieren.

An Tankstellen ist HVO100 mit dem Kürzel XTL gekennzeichnet. Das steht für „X to Liquid“ und bedeutet, dass ein beliebiges Ausgangsmaterial – im Falle von HVO ist das Pflanzenöl – in einen flüssigen Energieträger umgewandelt wird. Für Autofahrende ist die Nutzung von HVO100 nicht uneingeschränkt möglich. Nur Fahrzeuge, die explizit für den Betrieb mit XTL zugelassen sind, können den Kraftstoff tanken. Wer sich unsicher ist, ob das eigene Fahrzeug HVO-kompatibel ist, kann dies über die Fahrzeugdatenbank der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) überprüfen. Hier lässt sich anhand der Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) herausfinden, ob ein Auto für den Betrieb mit HVO freigegeben ist.

Während in Deutschland der Startschuss für HVO erst vor wenigen Monaten fiel, ist dieser Kraftstoff in anderen europäischen Ländern schon länger verfügbar. In den Niederlanden wird er beispielsweise als „Blauwe Diesel“ vermarktet, und auch in Italien und Österreich ist HVO bereits weit verbreitet. Insgesamt bieten in Europa über 2.250 Tankstellen HVO in Reinform (100 %) an, während über 11.000 Stationen den Kraftstoff zumindest in Beimischungen anbieten.

BMDV: Einführung von HVO100 verankert Technologieoffenheit

Die Einführung des alternativen Kraftstoffes HVO stößt jedoch auch auf Kritik. Das Umweltbundesamt (UBA) äußerte Bedenken bezüglich der tatsächlichen Klimawirkung von HVO100. Auf Anfrage des Spiegels erklärte das UBA, dass es den Einsatz von HVO als ein Nullsummenspiel für das Klima sehe. Zwar könnten bei der Verbrennung des alternativen Kraftstoffes weniger CO2-Emissionen entstehen, jedoch gebe es Zweifel an der und der Herkunft der verwendeten Rohstoffe. So stamme weniger als 1 Prozent der Ausgangsstoffe für HVO aus Deutschland. Ein großer Teil wird aus Ländern wie China und Malaysia importiert, wo möglicherweise sogar umdeklariertes Palmöl verwendet werde.

Kraftstoffexperte Horst Fehrenbach vom Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg äußerte in einem Interview mit dem ZDF die Sorge, dass HVO vor allem dazu diene, den Verbrennungsmotor länger am Leben zu erhalten: „Durch HVO soll dem Verbrennungsmotor ein deutlich längeres Leben eingeräumt werden.“ Diese Bedenken werden von Umweltverbänden geteilt, die den Fokus stärker auf die Förderung der legen. Sie argumentieren, dass erneuerbare Kraftstoffe wie HVO vor allem im Luft- und Seeverkehr sinnvoll seien, während auf der Straße die Elektromobilität die klimafreundlichere Alternative darstelle. Oliver Luksic, Staatssekretär beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), stellte jedoch klar: „Wir haben hier ein Stück Technologieoffenheit mit sehr großen Mühen in Europa verankert und wir fördern auch auf der nationalen Ebene weiter alternative Kraftstoffe, und so hat auch der Verbrennungsmotor weiterhin eine Zukunft.“

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