Hochwasser frühzeitig erkennen, Leben retten und Schäden reduzieren: Mit dem „Hochwasserschutzsystem 4.0“ im Bergischen Land in NRW soll das gelingen. Auf Initiative regionaler Unternehmen wird derzeit ein neues Frühwarnsystem für Überflutungsereignisse entwickelt. Mittels künstlicher Intelligenz sollen Vorhersagen von Wasserpegeln und weiteren relevanten Informationen verbessert werden. Am Projekt beteiligt sind die Heinz Berger Maschinenfabrik, die Bergische Universität Wuppertal, der Wupperverband, die Bergische Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die Wuppertaler Stadtwerke und die Bergische IHK. Gefördert wird das Gemeinschaftsprojekt vom nordrhein-westfälischen Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit insgesamt 2,8 Millionen Euro.
Hochwasser: Verbesserte Prognosen mit KI
Das neue System arbeitet mit digitalen Sensoren, die allerhand relevante Informationen erfassen. Hierzu gehören die Pegelstände an Gewässern, Kanälen und Rückhaltebecken, Niederschlagsmengen, Unterwasserdruck, Luftdruck, -temperatur und -feuchtigkeit sowie Windstärke und -richtung. Künstliche Intelligenz soll in diesen Daten Muster erkennen, die auf einen Wasseranstieg hindeuten. Über eine lokale App, die der Wupperverband entwickelt, werden gefährdete Unternehmen dann in Echtzeit über Pegelstände informiert und erhalten Prognosen und Warnungen.
„Das Hochwasserschutzsystem 4.0 erkennt Gefahren präziser als etablierte Warnsysteme und kann somit Alarm schlagen, wenn Gewässer über die Ufer zu treten drohen“, erklärt Dr Andreas Groß, Geschäftsführer der Berger Gruppe und Initiator des Projekts. Seine Motivation zur Entwicklung eines zuverlässigen Systems ist hoch: 2021 war die Heinz Berger Maschinenfabrik vom Sommerhochwasser stark betroffen. Nach einer Planungsphase, in der die Projektbeteiligten Arbeitspakete u. a. zur Infrastruktur der Sensorik sowie der Entwicklung des KI-Modells und einer Warn-App definiert hatten, geht es nun in die Umsetzung. Das Projekt läuft bis Ende 2025. Nach der Einführung des Tools im Bergischen Land sollen auch alle anderen Regionen in NRW darauf zugreifen können.
Auch Kiel entwickelt intelligentes Schutzsystem
Auch in Schleswig-Holstein wird aktuell an einer verbesserten Hochwasserprognose mittels KI gearbeitet. Das Risiko für Hochwasser ist hier vergleichsweise hoch: Das Land hat ca. 1.400 Kilometer Küste. Dabei befinden sich rund 20 % der Landesfläche unterhalb der kritischen Höhe von 2,5 Meter über dem Meeresspiegel. Mit mehr als 32.000 Kilometern fließenden Gewässern und ca. 30 Seen ist auch im Binnenland eine Überflutungsgefährdung gegeben. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel (CAU) entwickeln daher gemeinsam mit dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) ein KI-gestütztes Hochwasserfrühwarnsystem. Das soll Wasserstände an Binnenpegel vorhersagen und vor möglichen Gefahrenlagen warnen. Gefördert wird die Entwicklung des Systems vom Land mit rund 255.000 Euro über drei Jahre.
Der schleswig-holsteinische Digitalisierungsminister Dirk Schrödter sieht in der künstlichen Intelligenz ein wichtiges Instrument im Kampf gegen den Klimawandel. KI böte enorme Chancen für den Natur- und Umweltschutz. „Die Meeresspiegel steigen, dadurch nehmen auch Überschwemmungen im Landesinneren zu. Dieses Projekt der CAU und des LLUR zeigt eindrucksvoll das große ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Potenzial von KI, das wir in Schleswig-Holstein weiter ausschöpfen werden.“