Kommunen im Saarland und in Rheinland-Pfalz sind im Ausnahmezustand: Heftiger Dauerregen hat Mitte Mai in Teilen der Region an Saar, Mosel und Ruwer Überschwemmungen und Erdrutsche verursacht. Betroffen waren vor allem der Kreis Trier-Saarburg, die Südpfalz sowie die Städte Trier, Ludwigshafen und Zweibrücken. Im Saarland kämpften u. a. die Landeshauptstadt Saarbrücken sowie mehrere Kreise mit überfluteten Straßen, überschwemmten Autos und vollgelaufenen Kellern. An einigen Stellen im Saarland maß der Deutsche Wetterdienst (DWD) Niederschlagsmengen von mehr als 100 Litern pro Quadratmetern in weniger als 24 Stunden. Verglichen mit dem schon sehr regenreichen Monat April, in dem dort insgesamt circa 74 Liter Wasser pro Quadratmeter gemessen wurden, ist diese Menge enorm.
Nach dem Unwetter sind die Aufräumarbeiten in den betroffenen Gebieten in vollem Gange. Der Gesamtverband der Versicherer (GDV) beziffert die Schadenssumme in Saarland und Rheinland-Pfalz nach einer vorläufigen Schätzung auf rund 200 Millionen Euro. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sagte die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger kurz nach den starken Regenfällen: „Schon heute ist […] klar, dass wir es mit massiven Schäden an privatem Eigentum, aber auch an Infrastruktur wie Straßen, Brücken oder auch Kitas zu tun haben werden. Wir kämpfen seit wenigen Tagen gegen Wassermassen, werden aber sicherlich Jahre mit den Folgen kämpfen müssen.“
Die Folgen der Flutkatastrophe im Ahrtal
Mit den Folgen eines verheerenden Starkregens haben die Bürgerinnen und Bürger des Ahrtals in Rheinland-Pfalz noch heute zu tun. Im Juli 2021 wurden die Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler sowie weitere Orte entlang der Ahr von einer Hochwasserkatastrophe buchstäblich überflutet. Diese verursachte nicht nur Schäden in Milliardenhöhe – einem Bericht der tagesschau zufolge sind bis Mitte 2023 mehr als 6,7 Milliarden Euro von Versicherungsgesellschaften an Flutopfer im Ahrtal gegangen. Die Katastrophe, bei der 9.000 Häuser zerstört oder beschädigt wurden, kostete auch 135 Menschen das Leben, hunderte wurden verletzt. Der damalige Landrat Jürgen Pföhler sagte in einer Pressekonferenz am 15. Juli 2021: „Dieses Hochwasser ist die größte Katastrophe im Kreis Ahrweiler seit dem Zweiten Weltkrieg.“
Gegen Pföhler und einen weiteren Mitarbeiter aus dem Krisenstab wurde drei Wochen nach dem Unglück ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung durch Unterlassen im Amt eingeleitet. Es hatte Anhaltspunkte dafür gegeben, dass diese die Bevölkerung unzureichend und zu spät vor den Wassermassen gewarnt und dadurch Menschen geschadet hatten. Das Ermittlungsverfahren wurde im April dieses Jahres von der Staatsanwaltschaft jedoch aufgrund ungenügender Beweise eingestellt. Die Bürgerinnen und Bürger im Ahrtal sind überwiegend enttäuscht über diese Entscheidung und hätten sich einen Prozess in dieser Schuldfrage gewünscht, wie die tagesschau kürzlich berichtete.
Viele Menschen sind traumatisiert von dem Erlebten und möchten einen Abschluss finden. Die Folgen der Katastrophe sind in den betroffenen Orten noch tagtäglich sichtbar. Zwar wurden viele Häuser mittlerweile wieder aufgebaut,dennoch gäbe es drei Jahre nach dem Unglück immer noch Baustellen, die den Landkreis und die dort lebenden Menschen noch viele weitere Jahre beschäftigen würden, war sich die tagesschau-Korrespondentin Ute Spangenberger sicher.
Kreis Ahrweiler wappnet sich gegen Hochwasser
Anfang Mai dieses Jahres zog wieder eine Unwetter-Front über den Kreis Ahrweiler und sorgte für überflutete Straßen und vollgelaufene Keller, Menschen kamen jedoch nicht zu Schaden. Solche Ereignisse lassen den Schrecken der Hochwasserkatastrophe von 2021 bei vielen Anwohnerinnen und Anwohnern wieder aufleben, auch wenn der Landkreis jetzt besser gewappnet ist. Mit der vergangenen Erfahrung vor Augen hatte die neue Landrätin Cornelia Weigand frühzeitig die zweithöchste Warnstufe 4 ausgerufen, um eine bessere Koordination der Ortschaften zu ermöglichen. Ein Meteorologe unterstützte erstmals die Einsatzleitung vor Ort. Zudem wurden die Pegelstände der Ahr sowie ihrer Nebenflüsse und -bäche engmaschig beobachtet.
Der Landkreis betreibt außerdem Vorsorge: Um im Falle von herabstürzendem Geröll und Schutt die Ortschaften besser zu schützen, wurden im vergangenen Jahr an einigen Stellen mehrere Holzpfähle im Abstand von etwa einem Meter oberhalb der ersten Häuser aufgestellt, sogenannte Treibgutrechen. Auch neue Brücken, die viel Platz für durchfließendes Wasser bieten, sollen dafür sorgen, dass sich nicht wie 2021 Autos, Baumstämme und Schlamm ansammeln und als Flutwelle mit den Wassermassen in die darunter gelegenen Orte stürzen. Hochklappbare Brückengeländer sollen zudem verhindern, dass sich der Fluss durch Treibgut verstopft. Im Gespräch ist ganz aktuell auch die Errichtung von Staumauern, um vor Hochwasser an der Ahr zu schützen.
So werden Kommunen stark gegen Starkregen
Kommunen am Wasser sind besonders gefährdet von Starkregen und damit verbundene Hochwassersituationen. Die vergangenen Jahre haben zudem gezeigt: Situationen dieser Art sind nicht mehr nur Ausnahmen. Klimatische Veränderungen auch hier in Deutschland führen zu immer mehr Extremwetterereignissen. Kommunen sind gezwungen, sich dementsprechend anzupassen und Vorsorge zu leisten – auch wenn natürlich nicht jeder Starkregen zu einer Katastrophe führt. Das Unglück im Ahrtal ist jedoch ein herausragendes Negativbeispiel dafür, welchen immensen Schaden ein mangelhaftes Hochwassermanagement anrichten kann. Kommunen sollten daher frühzeitig Präventionsmaßnahmen entwickeln und umsetzen. Der Einsatz intelligenter Hochwassersensorik ist eine Möglichkeit, Kommunen und ihre Bewohnerinnen und Bewohner besser auf ein bevorstehendes Hochwasser vorzubereiten. Etablierte Unternehmen wie die OTT HydroMET-Gruppe, KISTERS AG oder die REMONDIS Aqua bieten beispielsweise umfassende Lösungen zur Überwachung und Verwaltung von Wasserressourcen und Hochwassersensorik.
Mit der Initiative „Stark gegen Starkregen“ unterstützt der Wasserwirtschaftsverband für die mittlere und untere Lippe, der LIPPEVERBAND, Kommunen dabei, sich gegen die Folgen von Starkregen besser zu schützen. Drei wesentliche Vorsorgemaßnahmen sind dabei folgende:
1 Vorsorgemaßnahmen auf administrativer und organisatorischer Ebene: Die Kommune bündelt und koordiniert alle Maßnahmen zur Prävention von Starkregen- und Hochwasserfolgen unter Einbindung aller relevanten Behörden, Fachbereichen und Unternehmen. Mögliche Risiken werden analysiert und bewertet, Schutzmaßnahmen entwickelt und umgesetzt sowie Risikogebiete ausgewiesen. Im nächsten Schritt werden Notfallpläne etabliert und Bürgerinnen und Bürger über die Maßnahmen informiert.
2 Vorsorgemaßnahmen auf städtebaulicher Ebene: Hier gilt es zunächst, Gebiete, die durch Starkregen und Hochwasser besonders gefährdet sind, bei der Stadt- und Gebäudeplanung auszusparen und genügend Flächen einzuplanen, die kurzzeitig größere Wassermengen aufnehmen können – sogenannte Retentionsflächen. Städtebauliche Maßnahmen sollten von Anfang an eine wassersensible Geländegestaltung berücksichtigen und Möglichkeiten für den Rückhalt von Regenwasser sowie eine multifunktionale Flächennutzung schaffen.
3 Vorsorgemaßnahmen auf technischer Ebene: Anstatt das öffentliche Kanalnetz angesichts von Starkregen und Hochwasser zu vergrößern, sollten Kommunen beispielsweise vorhandenes Speichervolumen durch eine zielgerichtetere Abflussteuerung besser ausnutzen sowie Notentlastungsstellen schaffen. Insgesamt ist es sinnvoll, mehr Versickerungsmöglichkeiten auch auf Straßen und Wegen einzurichten sowie leistungsstarke Wassereinläufe Querrinnen und Straßengräben mit Flutmulde anzulegen.
Weitere Informationen zu Präventionsmaßnahmen finden Städte und Gemeinden auf der Seite „Stark gegen Starkregen“.