„Damit ihr Wissen nicht in Rente geht“: Wie das vor dem Hintergrund der Digitalisierung gelingt, war Thema einer Veranstaltung des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) zum Digitaltag 2023. Hierfür hatte der Verband den Technischen Vorstand der Mainzer Stadtwerke, Tobias Brosze, und dessen Kollegen Roman Benteler, Ressortleiter Digitalisierung, eingeladen. Im Vortrag gaben die Referenten einen Überblick über die Herausforderungen durch Fachkräftemangel und demografischen Wandel in kommunalen Unternehmen. Gleichzeitig zeigten sie die Potenziale der Digitalisierung auf, um mit diesen gesellschaftlichen Veränderungen Schritt halten zu können. Unter Moderation von Dr. Maria Rost, VKU-Bereichsleiterin Digitales, nahmen rund 70 Vertreterinnen und Vertreter aus Kommunen und Unternehmen am Online-Seminar teil.
Fachkräftemangel mit digitalem Wissensmanagement begegnen
„In den nächsten zehn Jahren werden 48 % der Fachkräfte in den Ruhestand gehen“, lautete die Prognose von Tobias Brosze zu Beginn. Das sei ein Teil des Problems. Denn mit dem Ausscheiden langjähriger Mitarbeitenden gehe auch häufig wertvolles Wissen verloren. Ein weiteres Problem: Viele Fachkräfte täten sich mit den neuen Anforderungen der Digitalisierung schwer. Das wiederum befeuere einen zukünftigen Fachkräftemangel. Und: Die nachfolgenden Generationen brächten zwar große digitale Kompetenzen mit, verfügten aber nicht über das notwendige Know-how. Zudem sei ihre Bereitschaft, den Arbeitgeber zu wechseln, höher als noch vor zehn Jahren.
Was also tun angesichts von schwindendem Fachwissen und Mentalitätswandel auf dem Arbeitsmarkt? „Wir müssen Systeme etablieren, die das Wissen als Ressource konservieren“, so Tobias Brosze. Sein Lösungsweg: Systematisierung, Prozessentwicklung und digitales Wissensmanagement. Auch wenn Letzteres mit zeitlichen und finanziellen Kosten verbunden sei, zahle sich der Aufwand langfristig aus, ist Brosze überzeugt. Deshalb haben die Mainzer Stadtwerke in Kooperation mit ZDF Digital und anderen Stadtwerken die Software kapiro entwickelt. Mit dem Wissensmanagement-Tool können alle Mitarbeitenden eines Unternehmens jederzeit auf das Fachwissen ihrer Kolleginnen und Kollegen zurückgreifen und eigenes Wissen konservieren.
Digitales Tool: Unkomplizierte Wissensvermittlung für alle
Eine unkomplizierte Wissensvermittlung, die für alle leicht zu bedienen ist, – das ist der Anspruch von kapiro, so Roman Benteler, Produktmanager der Software und Leiter im Bereich Digitalisierung der Stadtwerke Mainz. Fachkräfte, Meister, operative Leitung, Auszubildende und Ausbilder könnten das Tool nutzen, um Fachwissen zu teilen und Arbeitsanleitungen nachhaltig zu sichern. Dabei sei die Funktionsweise so einfach, dass auch technisch weniger affine Mitarbeitende Anleitungen, Bilder, Videos etc. weitergeben und nutzen könnten. Das ist ganz im Sinne der Initiative „Digital für alle“, die den Anstoß zum Digitaltag gab. Ihr Ziel ist es, digitale Teilhabe in Deutschland zu fördern, Kompetenzen zu stärken und Digitalisierung überall für Menschen erlebbar zu machen.
Wie aber bricht man die „Wissenssilos“ bei Mitarbeitenden auf? Getreu dem Motto „Wissen ist Macht“ behalten Einzelne ihr Know-how gerne für sich. Hier rieten die Referenten: Mitarbeitende auffordern, ihr Wissen zu teilen, und Expertenwissen wertschätzen – auch digital. Zudem könne im gemeinsamen Austausch und Hinterfragen mit Teams bislang nicht geteiltes Wissen identifiziert und eine Wissenslandkarte aufgebaut werden. Hierfür brauche es meist aber einen Anstoß und Ressourcen für die konkrete Auseinandersetzung mit dem Thema.
Fachkräftemangel ist größte Bremse für Kommunalwirtschaft
Dass eine fehlende Weitergabe von Kompetenzen nicht zwangsläufig die kommunale Wirtschaftlichkeit gefährde, stellte Tobias Brosze zum Abschluss nochmals klar. Er sieht die fehlenden Fachkräfte als größte Bremse – auch bei weiteren Entwicklungen im Klimaschutz. Die Wissensvermittlung durch Wissenssicherung könne aber neben der Prozessoptimierung und Mitarbeiterbindung eine entscheidende Lösung sein. Je einfacher, desto besser.