Rund 800 Teilnehmende, überwiegend Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister sowie Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus allen Regionen Deutschlands, kamen zum Deutschen Kommunalkongress 2022. Bei dem zweitägigen, wichtigsten Treffen des kommunalen Spitzenverbandes DStGB konnten sie in Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern aus Bundespolitik, Wissenschaft und Wirtschaft treten.
Während Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser, sich in ihrer Ansprache von Kolleginnen und Kollegen aus Bund, Ländern und Kommunen eine „gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ wünschte, um die kommenden Herausforderungen zu meistern, stellte Bundesfinanzminister Christian Lindner weniger Bürokratie für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Kommunen in Aussicht – im Sinne des Subsidiaritätsprinzips und zum Wohle der Handlungsfähigkeit von Städten und Gemeinden. Bei Investitionshilfen für innovativen Klimaschutz soll nach Lindners Aussagen auch 2023 nicht gespart werden.
Schwerpunktthemen für Kommunen
Der Präsident des DStGB, Bürgermeister Ralph Spiegler, sprach in seiner Eröffnungsansprache zum übergeordneten Motto des Kongresses und damit wohl über die derzeit größte Zukunftsaufgabe für Kommunen: Den Ausbau von Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Resilienz. Denn der Wandel hin zu einer klimaneutralen Industrienation gelänge nur durch ein großes Engagement der Städte und Gemeinden und eine hohe Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern. Hierbei ginge es nicht nur um den Ausbau regenerativer Energien auf kommunaler Ebene, sondern auch um durchdachten Katastrophenschutz, schnelle Digitalisierung kommunaler Strukturen und Prozesse, innovative Mobilitätskonzepte – und das vor allem für schlecht angebundene ländliche Regionen.
Einen klaren Appell sendeten Spiegler und Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg an die übergeordnete Politik: „Für die Umsetzung einer realistischen Nachhaltigkeitsstrategie muss von Seiten des Bundes und der Länder mehr Geld zur Verfügung gestellt werden. Denn nur mit finanziellem Spielraum können die auf die individuelle Situation angepassten, nachhaltigen Akzente gesetzt werden.“
Fachforen und Symposien beim Kommunalkongress
Neben starken Impulsvorträgen stellten Expertinnen und Experten in Fachforen und Symposien praxisnah gute Beispiele, nachahmenswerte Projekte und Ideen für eine moderne Daseinsvorsorge in Kommunen vor. Unter den Beiträgen trafen vor allem Bau-, Mobilitäts- und Digitalisierungsthemen den Puls der Zeit, u.a. „Innenstädte und Ortskerne – Zukunft vor Ort gestalten“, „Nächster Halt: Lebensqualität – Bahnhöfe bieten Anschluss an ein lebenswertes Land“ und „Emissionsfrei in die Zukunft – Wie Kommunen die Transformation der Mobilität mitgestalten“ oder „Cybersecurity – Sicherheit im digitalen Zeitalter“.
Einig waren sich die Teilnehmenden über die nächsten Schritte innerhalb kommender Transformationsprozesse: Erforderliche Weichen stellen, die Folgen der Krisen so gut wie es geht abfedern und zugleich notwendige Reformmaßnahmen auf dem Weg zur nachhaltigen Gemeinschaft anstoßen. Neben generellen Klimaschutzthemen müssten zunächst die Herausforderungen der Klimaanpassung für Städte und Gemeinden an erster Stelle stehen.
BMUV-Sofortprogramm Klimaanpassung
Kommunale Entscheiderinnen und Entscheider stehen bei der Klimaanpassung als Akteure an vorderster Stelle. Denn Kommunen müssen sich mehr denn je mit Hitzewellen, Wärmerekorden, längeren Trockenzeiten, steigender Waldbrandgefahr, Starkregen, Hochwasserrisiko und Sturmfluten als Folge des Klimawandels auseinandersetzen. Viele Städte und Gemeinden sind bereits dabei, Anpassungen in ihrer Infrastruktur vorzunehmen und ihre Kommunen zu gestalten. Ideen gibt es viele, allein die Möglichkeit einer Finanzierung und Expertise sind oft noch nicht klar. Deshalb wurde bereits im März 2022 das Sofortprogramm Klimaanpassung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) verabschiedet, das sich vordergründig an Kommunen und deren Anpassung an den Klimawandel richtet.
Im Fokus des Maßnahmenpaketes steht im ersten Schritt die Unterstützung von Städten und Gemeinden beim Ausbau von Förderprogrammen und Kompetenzaufbau, durch passgenaue Beratung vor Ort und bessere Ausbildung von lokalen Expertinnen und Experten sowie die Sensibilisierung und Aufklärung von Bürgerinnen und Bürgern. Jede Kommune soll künftig die Klimaanpassung umsetzen können, die zu ihr passt. Städte und Gemeinden können die Aufgaben aber nicht allein stemmen, der Bund muss hier unterstützen.
Deshalb hat das BMUV gemeinsam mit den Ländern eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Bedarfe für eine solche gemeinsame Finanzierung sowie die finanzverfassungsrechtlichen Möglichkeiten prüfen wird. Sie soll, wie auch das Klimaanpassungsgesetz, im Herbst 2022 im Ergebnis vorliegen. Vielleicht ja schon bis zur „Woche der Klimaanpassung“, die erstmalig vom 12. bis 16. September 2022 mit einem vielseitigen Programm stattfindet und durch das Zentrum KlimaAnpassung und das BMUV organisiert wird.