Mit dem Ende 2019 erlassenen Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) wurde ab 2021 ein nationaler Handel mit Zertifikaten für (Treibhausgas-) Emissionen aus Brennstoffen eingeführt – die CO2-Bepreisung. In erster Linie betrifft diese sogenannte Hauptbrennstoffe, die für die Wärmegewinnung oder den Verkehr eingesetzt werden, wie Diesel, Benzin, Kerosin, Erdgas, Flüssiggas oder Heizöl. Zu diesen sollten laut einem Beschluss der Bundesregierung vom 13. Juli 2022 ab 2023 auch Kohle und für die Verbrennung vorgesehener Abfall gezählt werden. Nach einer Überarbeitung des Entwurfs „eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes“ wurde das Inkrafttreten zumindest für Abfälle vom Bundestag nun noch einmal um ein Jahr verschoben.
Durch die Miteinbeziehung von Kohle und Abfall will die Regierungskoalition das gesamte nationale Emissionsbudget abbilden und klimaschädliche Anreize in diesen Bereichen unterbinden. Im Abfallsektor soll darüber hinaus mit der Regelung die stoffliche Verwertung gegenüber der thermischen bevorteilt und somit die wirtschaftliche Situation der Recyclingwirtschaft verbessert werden.
CO2-Bepreisung: Umstrittene Regelung
Dass Siedlungsabfälle überhaupt als Brennstoff betrachtet werden, für deren Emissionen bezahlt werden soll, ist unter Sachverständigen höchst umstritten. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) u. a. sieht in den daraus folgenden höheren Entsorgungskosten mitunter eine Belastung für Geringverdiener. Da die Abfallgebühren einen besonders großen Anteil an deren verfügbarem Einkommen hätten, würden sie von einer Erhöhung überproportional belastet. Auch könnten Mieterinnen und Mieter im Gegensatz zu Eigenheimbesitzern (die direkten Einfluss auf die Trennung ihres Abfalls haben) den höheren Gebühren kaum ausweichen, da diese nach Quadratmetern über die Nebenkostenabrechnung umgelegt würden.
Zweifel an Lenkungswirkung
Unter den Branchenverbänden bestehen zudem Zweifel an der Lenkungswirkung der Maßnahme für eine Reduzierung der CO2-Emissionen. Der geschäftsführende Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE), Peter Kurth, erklärte bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie Mitte Oktober 2022: „Preise haben keine Auswirkung auf die Menge, die verbrannt wird.“ Vielmehr drohe, dass mehr Müll ins Ausland verbracht und dort (billiger) verbrannt würde.
Preiserwartungen lenken Emissionen
Dr. Felix Matthes, Forschungskoordinator im Bereich Energie- und Klimapolitik beim Öko-Institut, argumentierte dagegen, dass nicht die höheren Preise an sich, sondern die Ankündigungswirkung ausschlaggebend sei. Was Emissionen lenke, seien demnach Preiserwartungen für die Zukunft, nicht aktuelle Preise. Die Wirkung der Ankündigung, dass die Regelung nun 2024 in Kraft treten soll, war indes für die Verbände um VKU und BDE eher eine enttäuschende. Sie hatten sich für einen mindestens zweijährigen Aufschub eingesetzt.