In den vergangenen Jahren hat der Wald weniger Kohlenstoff gespeichert als gedacht. Im Zeitraum von 2017 bis 2022 hat er sogar mehr CO2 freigesetzt als eingelagert. Das ist ein zentrales Ergebnis der vierten Bundeswaldinventur(BWI), die der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir Anfang Oktober in Berlin vorstellte.„Der Wald ist zu einer Kohlenstoff-Quelle geworden“, so der Bundesminister. Grund dafür seien die enormen klimabedingten Schäden. Vor allem die Fichte habe stark unter Trockenheit und Borkenkäferbefall gelitten und viele mittelalte Bestände seien abgestorben oder geschwächt. Es brauche nun Geduld und Ausdauer, um dies über einen Umbau der Wälder wieder umzukehren. „An der Notwendigkeit kann kein Zweifel bestehen“, betonte Özdemir.
CO2 entsteht bei Verbrennung von Holz aus dem Wald
Seit 1987 wird in regelmäßigen Abständen eine Inventur der deutschen Wälder durchgeführt. In einem aufwändigen Verfahren werden an verschiedenen Standorten Proben genommen und ausgewertet. Beim vierten BWI waren rund 100 Inventurtrupps im Einsatz, welche etwa 521.000 Bäume an 80.000 Stichprobenpunkten untersucht haben. Erfasst wurden u. a. Merkmale zu Baumart, -durchmesser und -höhe, Bestand und Gelände. Auf Basis dieser Daten entsteht ein aussagekräftiges Bild vom Zustand des Waldes sowie von Veränderungen im Vergleich zum Voruntersuchungszeitraum. Die hier gewonnenen Ergebnisse helfen Politik, Wissenschaft und Waldbesitzenden dabei, sich mit Nutzung und Schutz des Waldes auseinanderzusetzen.
Ausgewählte Ergebnisse der vierten Bundeswaldinventur finden Sie hier.
Für die deutsche Klimapolitik dürfte die jüngste BWI mehr als ernüchternd sein, denn im Bemühen um Klimaneutralität spielen Wälder neben Mooren eine zentrale Rolle als CO2-Speicher. Das Klimaschutzgesetz sieht vor, dass diese von 2027 bis 2030 durchschnittlich 25 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr aufnehmen, bis 2045 sogar 40 Millionen Tonnen. Damit sollen unvermeidliche Emissionen aus Bereichen wie der Industrie und Landwirtschaft kompensiert werden. Doch wie die Bestandsaufnahme des deutschen Waldes zeigt, trägt dieser aktuell mehr zu einer Steigerung der CO2-Emissionen bei.
Andreas Bolte, Leiter des Thünen-Instituts, welches federführend bei der Bundeswaldinventur war, räumte jedoch ein,dass sein Institut bei der Auswertung der Daten die gesamte Nutzungskette berücksichtigt habe. Das bedeutet: Der Wald nimmt zwar nach wie vor CO2 auf, gleichzeitig verliert er jedoch netto mehr Kohlenstoff. Dessen Freisetzung fände aber außerhalb der Wälder statt, so Bolte, etwa bei der Verbrennung des Holzes in der Industrie oder der Verarbeitung für Werkstoffe. „Der Wald ist also nicht die CO2-Schleuder, sondern die Verbrennung des aus dem Wald geholten Holzes“, stellte er gegenüber der Rheinischen Post klar. Er plädierte dafür, der langfristigen Anpassung der Wälder Vorrang einzuräumen vor der kurzfristigen Erreichung von Klimazielen.
Bund unterstützt Kommunen bei Maßnahmen zum Waldumbau
Es gibt aber auch gute Nachrichten aus dem Wald: So ist die Waldfläche etwas angewachsen – um 15.000 Hektar im Vergleich zur Inventur 2012. Außerdem hat die Vielfalt im Lebensraum Wald zugenommen. Rund 79 % der Flächen sind Mischwälder. Aufgrund des aktiven Waldumbaus für eine bessere Klimaresilienz in den vergangenen Jahren gibt es mittlerweile 7 % mehr Laubbäume, stellt der BWI fest. Zudem hat sich das Durchschnittsalter der Bäume auf 82 Jahre erhöht (um fünf Jahre).
Kommunale Waldbesitzende können aktiv etwas dazu beitragen, den Wald als Ökosystem zu stärken. Mit dem „Förderprogramm klimaangepasstes Waldmanagement“ unterstützt das BMEL diese außerdem langfristig beim Waldumbau, der Wiederbewaldung von Schadflächen und bei Maßnahmen zur Förderung von Klimaschutz und Biodiversität.
Informationen zum „Förderprogramm klimaangepasstes Waldmanagement“ finden Sie hier.
Beim Programm „Natürlicher Klimaschutz in Kommunen“ vom Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz sowie der KfW erhalten Städten und Gemeinden Zuschüsse, um Bäume im Stadtgebiet zu pflanzen, urbane Wälder zu schaffen und naturnahe Parkanlagen in Wohnvierteln anzulegen.
Mehr Informationen dazu erhalten Sie hier.