Deutschlands Kommunen sind für den Ernstfall nicht gut aufgestellt. Sollte es in den kommenden Monaten zu einem längeren Stromausfall, einem Blackout, kommen, würde in vielen Städten und Gemeinden nichts mehr gehen. Das ist das Ergebnis einer Recherche des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“. Dieses hatte von September bis Anfang Oktober bundesweit über 400 kreisfreie Städte und Landkreise sowie Berliner Bezirke angefragt. Mehr als 200 Städte und Gemeinden beteiligten sich an der Befragung, darunter große Städte wie Mainz, Heilbronn oder Braunschweig und bevölkerungsreiche Landkreise wie Wittenberg, Heinsberg, Harz oder Landshut.
Kommunen haben keinen Plan für Blackout
„Gibt es in der Verwaltung einen Einsatzplan Stromausfall, auf den im Notfall alle Beteiligten unmittelbar zugreifen können?“ Diese Frage beantworteten 101 Kommune mit „Nein“. 78 Kommunen gaben an, keinen Notbrunnen im eigenen Zuständigkeitsbereich zu haben. Der wird notwendig, sollte die Trinkwasserversorgung in Folge eines lang anhaltenden Stromausfalls zusammenbrechen. Denn ohne Strom funktionieren die Pumpen in den Wasserwerken nicht. Auch sogenannte Katastrophen-Leuchttürme als Anlaufstelle für die Bevölkerung, sich im Katastrophenfall zu informieren, aufzuwärmen und Notfälle zu melden, gibt es laut Umfrage in 67 Kommunen nicht.
„Kein Wasser, keine Heizung, kein Strom. Wenn sich das regional um ein, zwei Stunden handelt, ist es nicht schlimm. Aber bei 24 Stunden haben wir schon ein Riesenproblem“, so Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. Gegenüber dem Magazin „Report Mainz“ sagte er: „Eigentlich müssten die Länder sich auf einen Masterplan für zivilen Katastrophenschutz verständigen.“ Dieser müsse zusammen mit den Kommunen umgesetzt werden. Zudem müsse man sich mehr „um Hilfe von Seiten des Bundes bemühen“, forderte Landsberg weiter.
Katastrophenschutz: Keine einheitliche Regelung
Für den Katastrophenschutz sind in Deutschland eigentlich die Bundesländer zuständig. Die Verantwortung für die Bevölkerung vor Ort haben sie jedoch an die Kommunen übertragen. Wie der Schutz im konkreten Fall dann aussieht, entscheiden oftmals die jeweiligen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Genau das sieht Katastrophenforscher Martin Voss sehr kritisch: Wenn „jedes Dörfchen sein eigenes Süppchen kocht und jeder Bürgermeister seine ortsbezogene Politik macht“, sei es oft dem Zufall überlassen, ob vor Ort eine entsprechende Infrastruktur sei. Er fordert deshalb eine bundesweit einheitliche Regelung für Stromausfälle.
Experteneinschätzung: Blackout nicht wahrscheinlicher als sonst
Wie realistisch ist ein länger anhaltender Stromausfall? Unstrittig ist: In diesem Jahr gibt es einige Risiken, wie unterversorgte Gaskraftwerke und ein erhöhter Strombedarf zum Heizen. Doch diese seien alle vorher absehbar, so Christian Rehtanz, Professor für Energiesysteme und Energiewirtschaft an der Technischen Universität Dortmund. Die Wahrscheinlichkeit für einen Blackout sei „nicht nennenswert höher als sonst“.
Auch eine aktuelle Risikoanalyse der Bundesregierung schätzt die Lage als nicht besonders bedrohlich ein: „Großflächige langanhaltende Stromausfälle – sogenannte Blackouts – hat es in Deutschland bisher nicht gegeben. Diese bleiben auch weiterhin sehr unwahrscheinlich“, ist auf der Seite der Bundesregierung nachzulesen. Zwar könnten kurze Stromausfälle immer wieder auftreten. Diese seien jedoch regional begrenzt und dauerten i. d. R. nur wenige Minuten oder Stunden an.